Via Loria
Ich erlebte Genua und Bewohner als offene, linke, tolerante, schöne, pulsierende, spannende Metropole. Ich genoss die gemeinsame Zeit mit meinen MitstudentInnen, die spontan organisierten Vernissagen vor Ort und die Möglichkeit je nach Lust und Laune alleine, oder mit anderen die Stadt zu erkunden.
Dass die ganze Stadt so schön mit Plakaten zugepflaster ist, sah ich schon am ersten Tag auf dem Weg von der Stazione Principe zum Hotel. Deshalb fasste ich gleich den Entschluss jeden Tag eine Collage aus abgerissenen Plakatfragmenten zu machen. Eine tägliche Momentaufnahme sozusagen. So entstanden neun Collagen. Schon vor der Reise entdeckte ich den langgezogenen Wohnkomplex an der Via Lamberto Loria im Internet und wusste sofort, dass ich diesen besuchen werde.
Bei meinen Besuchen vor Ort fotografierte ich die 32 Hauseingänge des 540 Meter langen Gebäudes mit meinem Handy. Die Fotografien lies ich im Format 270x203 mm drucken.
Ich habe die Menschen, welche ich bei meinen Besuchen angetroffen habe, gefragt wie lange sie schon in der Siedlung leben und ob es ihnen hier gefällt. Diese Gespräche habe ich, auch mit dem Handy, aufgenommen und das Audiofile auf mein kurzes Video von der Busfahrt zu der Via Loria überspielt. Dieses Video ist ein wichtiger Bestandteil meiner Präsentation, denn es gibt dem Wohnkomplex, ja der ganzen Arbeit eine Stimme. Auch die Klingeln der Eingänge fotografierte ich und zeigte sie in Postkartengrösse ausgedruckt in einem kleinen Album, welches zusammen mit einem Buch über den Architekten der Siedlung, bei der Ausstellung auflag. Ich habe ein ambivalentes Verhältnis zu solcher Architektur aber je länger ich dort verweilte und mich mit den Bewohnern unterhielt, je besser gefiel es mir dort oben an der Via Lamberto Loria.
Ich lies mich während des gesamten Aufenthalts in Genua treiben und sammelte Eindrücke, Fotos und Plakatabrisse. Dieses Vorgehen liess Platz für Unvorhergesehenes. Auf diesem Wege bin ich zu meiner Fotoserie gekommen. Ich habe in Genua vor allem gelernt mit wachen Augen umherzugehen und im richtigen Moment, das mitzunehmen was sich als Arbeit lohnen könnte.
Und es hat sich meiner Meinung nach gelohnt.
Text: Thomas Jost