P wie Perspektive
Nach dem Sommer wird alles anders. Keine Schule mehr, keine Hausaufgaben. Kein Bruchrechnen mehr und auch keine Diktate. Vorbei sind die Spiele auf dem Pausenhof und die Klassenlager, die Schäkereien und Scherze mit den Klassenkameraden. Jiyan und Teresa stehen an der Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt. Doch während Teresa nach dem Sommer eine Lehre beginnen wird, ist Jiyans Zukunft noch ungewiss. Alexandra Baumgartner hat die beiden Teenager dazu eingeladen, Momente aus ihrem Alltag zu teilen. Die Handyvideos stehen im Kontrast zu den Aufnahmen, die im Studio realisiert wurden. In der Arbeit untersucht Alexandra Baumgartner Dynamiken der Selbstinszenierung vor dem Hintergrund der sich stark verändernden Lebens- und Gefühlswelt der Jugendlichen.
Die Arbeit P wie Perspektive gibt einen Einblick in das Leben von Jiyan und Teresa. Sie sind sechzehn, respektive siebzehn Jahre alt, leben in Emmenbrücke und gehen beide in die Klasse 3L des Schulhauses Gersag II in Emmenbrücke. Für beide beginnt nach dem Sommer ein neuer Lebensabschnitt, da ihre obligatorische Schulzeit zu Ende geht.
Ziel meiner Arbeit war es, ein Porträt der beiden jungen Frauen zu erstellen, das Bezug nimmt auf ihre aktuelle Lebenssituation.
Die vorliegende Arbeit sehe ich als eine Weiterentwicklung der Arbeit Beyoncé find ich voll beautiful, einer fotografischen Arbeit über die Klasse 3L, die im Frühjahr 2017 realisiert wurde. Beeindruckt von den starken Auf und Abs, die das Leben der Jugendlichen prägt, wollte ich mit der Arbeit P wie Perspektive den Fokus stärker auf die Gefühlswelt der Protagonistinnen richten. Während ich mich schon relativ früh für das Medium Video entschieden habe, stand erst im letzten Drittel des Arbeitsprozesses fest, dass eine zweiteilige Videoinstallation realisiert werden soll. Es war mir wichtig, dass es dieses Mal zu einem stärkeren Austausch zwischen mir und den Protagonistinnen kommt. Statt nur meinen Blick zu zeigen, wollte ich in dieser Arbeit auch den Blick von Jiyan und Teresa zeigen. Worauf richten sie ihre Kamera? Was finden sie visuell interessant und wie gehen sie mit ihrem Körper auf den eigenen Aufnahmen um? Geleitet von diesen Fragen habe ich ein Arbeitsblatt mit verschiedenen Inputs zur Realisierung eines Videotagebuchs erstellt. Hintergrund dieses Entscheids war weniger, Einfluss auf den Inhalt der Videos zu haben, als eine Grundlage zu schaffen auf dessen Basis ich mich mit den jungen Frauen austauschen konnte. Denn mehr als alles andere habe ich im Laufe der Zeit gemerkt, dass die Kommunikation und Terminfindung zwischen mir und Jiyan und Teresa die grösste Herausforderung darstellte. In knapp zwei Wochen haben mir Jiyan und Teresa rund zwei Dutzend Filmsequenzen zugeschickt, die ich anschliessend zu einem fünfminütigen Video zusammengestellt habe. Das Video Perspektive I, ist zusätzlich mit O-Tönen aus Interviews mit den beiden Protagonistinnen unterlegt. Das Video Perspektive II zeigt Videoporträts, die im Studio realisiert wurden. Rückblickend denke ich, dass ich die Arbeit mit den Videos unterschätzt habe. Weil ich zu wenig Erfahrung mit dem Medium habe, hat es zum Teil länger gedauert, bis ich mich auf dem richtigen Weg befand. Zum Schluss bin ich aus diesem Grund in grosse Zeitnot geraten und habe mich nicht in dem Ausmass mit der Webseite beschäftigen können, wie ich es gerne gemacht hätte. Dennoch bin ich mit dem Endprodukt der Arbeit zufrieden. Es war sehr interessant zu sehen, wie Jiyan und Teresa darauf reagiert haben und wie sich unsere Beziehung in den letzten Wochen noch ein Mal stark verändert hat.
Text: Alexandra Baumgartner