Wir erinnern uns an sympathische und spannende Begegnungen mit Mario Gerteis. Die Musikbibliothek stand in engem Kontakt mit dem Musikredaktor und Publizisten: Mario Gerteis hat der Bibliothek seine gesamten Tonträger vermacht, die wohl eine der umfangreichsten privaten Schallplatten- und CD-Sammlungen klassischer Musik bilden. Die rund 18‘500 CDs wurden bereits komplett in den Bibliotheksbestand aufgenommen.
Es ist eine stolze Schenkung, die zudem mit einer Auswahl an wertvollen Komponistenbriefen komplettiert wird, sicher aufbewahrt im Tresor der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern.
Neben dem «geschäftlichen» offenbarte sich aber auch der private Austausch mit dem beschlagenen Musikkritiker als eine wahre Schatzkiste, reich an fundiertem Wissen und Anekdoten aus der schillernden Künstler- und Konzertwelt. Die Lust und Laster der klassischen Musik – Mario Gerteis hat sich ihnen angenommen und sie in unzähligen Rezensionen gründlich, bisweilen scharfzüngig kommentiert. Wen wundert es, betrieb doch der Kritiker seine Profession über sechs Jahrzehnte. Bereits als Maturand verdiente er beim Luzerner Tagblatt seine Sporen ab, damals noch im Ressort «Lokales und Film». Es folgten die Anstellung bei der Neuen Zürcher Zeitung, dann bei den Luzerner Neusten Nachrichten und später die 20-jährige Tätigkeit als Kulturredaktor beim Tages-Anzeiger Zürich (1978 bis 1998). Zuletzt schrieb Mario Gerteis freiberuflich für verschiedene Tageszeitungen und Fachzeitschriften. Ergänzt wird sein Schaffen mit publizistischen Aufgaben sowie Beiträgen für Radiosendungen.
Dass man bei dieser Fülle an Erfahrungen und den damit verbundenen Geschichten im Gespräch mit Mario Gerteis schon mal die Zeit vergass, etwa bei einer gemeinsamen Kaffeepause in der Bibliothek, versteht sich von selbst. Gerne wollte man mehr davon hören. Auch diesem Wunsch ist Mario Gerteis nachgekommen: Drei Jahre lang gab er in einer monatlichen Webkolumne seine musikalischen Bekenntnisse und Bonmots preis. Die Reihe «Aus dem Leben eines Musikkritikers» liegt gesammelt und erweitert mit früheren Festwochen-Glossen auch in Buchform vor. Nun ist die Schrift zum Andenken an Mario Gerteis geworden: Er ist Anfang 2016 im Alter von 78 Jahren unerwartet verstorben.
David Koch