Das Orgeldokumentationszentrum ODZ hat zum Ziel, Material zum Thema Orgelmusik und Orgelbau zu sammeln und zu erschliessen, um es den Forschenden zur Verfügung zu stellen und die Langzeitarchivierung des Materials sicherzustellen. Die inhaltliche Betreuung und wissenschaftliche Aufarbeitung übernimmt der Orgelexperte der Forschungsabteilung.
Gesammelt werden gedruckte Materialien, Tonträger und Bilder sowie Archivalien, handschriftliches Material und Nachlässe von Personen oder Archive von Institutionen. In den vergangenen Jahren wurden dem ODZ mehrere grössere Schenkungen übergeben. Namentlich zu erwähnen sind die Bibliotheken von Axel Leuthold, Giuseppe Paiusco und Hans Gugger oder die immense Notenbibliothek von Barnabás Gyülvészi.
Der Bestand des ODZ umfasst folgende Privatnachlässe von Personen sowie Archive von Institutionen:
Archiv Arbeitsgemeinschaft für Schweizerische Orgeldenkmalpflege
Am 17. Februar 1958 kamen verschiedene Organisten und an der Orgeldenkmalpflege interessierte Persönlichkeiten nach Olten, um über die Situation der historischen und denkmalswerten Instrumente der Schweiz zu debattieren. Die Ausgangslage waren die damals gegen 300 Orgeln auf Schweizer Boden, bei welchen die Erhaltungswürdigkeit anerkannt war und die eine denkmalgerechte Restaurierung benötigten. Die konkrete Folge war die Gründung der «Arbeitsgemeinschaft für Schweizerische Orgeldenkmalpflege». Diese Institution, nach jahrelangen und abwechslungsreichen Erfolgen in diesem Gebiet, beendete am 31. November 2009 bei der gut besuchten letzten Generalversammlung in Zürich einstimmig ihre Tätigkeit.
Archiv Orgelbau AG Willisau
Die Geschichte und die Werke der Firma Orgelbau AG Willisau sind von grossem Interesse. Ein rascher Aufstieg nach der Trennung eines Teils der Mitarbeiter aus der Firma Goll, eine für die Zeit qualitätsbewusste Produktion von Instrumenten für die ganze Schweiz, ein abruptes Ende wegen der Krise vor dem Ausbruch des 2. Weltkrieges. Ein Teil der Akten, die bei der Nachfolgefirma Wellis AG aufbewahrt waren, wurde von einem ehemaligen Mitarbeiter gesammelt, geordnet und vervollständigt.
Archiv Späth Orgelbau Rapperswil
Ein grosser Teil des Firmenarchivs der Firma Späth gelangte im Sommer 2011 ins ODZ. Das Archiv umfasst verschiedene Dokumente wie Offerten, Verträge, Bestandesaufnahmen, Fotos, Korrespondenzen, Begutachtungen, Pläne, Skizzen und handschriftliche Notizen zu einzelnen Orgeln, welche die Firma Späth seit 1909 gebaut oder revidiert hat, beziehungsweise nicht verwirklichte Bauten.
Nachlass Viktor Frund
Der Jurassier Victor Frund (1913-1981) war als gelernter Orgelbauer bei der Firma Orgelbau AG Willisau tätig und seit 1929 in Luzern wohnhaft, wo er das Chorleiter- sowie das Orgeldiplom erlangte. Darum wurde er oft für Neubauprojekte bzw. Restaurierungen als Experte angefragt. Was von seinem Archiv erhalten ist, befand sich nach seinem Tod bei der Firma Orgelbau Graf AG in Sursee. Dank der freundlichen Bemühungen von Herrn Rudolf Wyss, damals Geschäftsleiter der Firma Graf, gelangte dieses Material ins ODZ.
Nachlass Hans Gugger
Obwohl Hans Gugger (1921-2006) von Haus aus weder Berufsmusiker noch Historiker war, betrieb er gründliche Studien der kunsthistorischen sowie orgelbautechnischen Aspekte der Berner Orgellandschaft. Für seine Forschungstätigkeit hat ihm die Theologische Fakultät der Universität Bern im Jahre 1980 den Titel des Doktors honoris causa verliehen. Die Erbengemeinschaft hat dem ODZ das gesamte organologische Archiv und die private Orgel-Bibliothek von Hans Gugger vermacht.
Nachlass Stefan Koller
Dank glücklicher Zufälle und der freundlichen Mithilfe vom Kloster Einsiedeln konnte die Hochschule Luzern – Musik den Nachlass von Pater Stefan Koller (1893-1984) übernehmen. Pater Koller war in der Mitte des 20. Jahrhunderts der bekannteste Orgelexperte der katholischen Schweiz. Sein Archiv umfasst Akten wie Pläne, Projekte, Expertisen, handschriftliche Notizen usw. und gibt einen interessanten Einblick in die Welt der schweizerischen Orgelbewegung.
Archiv Orgelbau Kuhn AG
Die Gründung der Orgelbauwerkstatt Kuhn erfolgte im Jahre 1864, als die Firma E. F. Walcker & Cie. in Ludwigsburg (Württemberg) eine Orgel mit zwei Manualen und Pedal in der Reformierten Kirche Männedorf aufstellte. Die beiden Arbeiter, welche Walcker nach Männedorf sendete, waren Johann Nepomuk Kuhn (1827-1888) und Johann Spaich (1813-1885). Die hier niedergelassenen Orgelbauer empfahlen sich für jährliches Stimmen der Kirchenorgel und gründeten ihr eigenes Unternehmen. Ab 1872 führte Johann Nepomuk Kuhn die Firma allein weiter, die sich in der Folge, speziell unter der Führung seines Sohnes Carl Theodor Kuhn (1865-1925), zum grössten Orgelbauunternehmen der Schweiz entwickeln konnte. Nach dem Tod von Carl Theodor Kuhn im Jahre 1925 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft mit verschiedenen technischen Leitern umgewandelt. 1967 wurde Friedrich Jakob zum Direktor berufen, der 1974 eine interne Restaurierungsabteilung unter der Leitung von Wolfgang Rehn gründete. 1998 wurden alle Aktien in die Hände der Geschäftsleitung (Dieter Utz) zusammengeführt. Zurzeit wird die Firma durch ein Team unter der Leitung von Intonateur Gunter Böhme geführt. Im Zuge der Firmen-Neustrukturierung im Jahre 2020 wurden die Akten von Orgeln, welche nicht durch Kuhn gebaut worden sind, aber deren Unterhalt sie während verschiedener Jahre übernommen hatte, dem ODZ vermachtet.
Archiv Orgelbau Ulrich Wetter
In Muttenz geboren, genoss Ulrich Wetter (*1941) seine Orgelbauerausbildung bei der Firma Metzler (Dietikon). Gleichzeitig liess er sich intensiv in Klavier, Orgel und Musiktheorie unterrichten. In der am 1. Mai 1968 in Muttenz gegründeten Werkstatt entstanden 54 Instrumente und 5 Lehrlinge konnten ausgebildet werden. Nach der Pensionierung im Jahre 2006 schenkte Ulrich Wetter seine Akten über die Orgelbautätigkeit dem ODZ.
Archiv/Nachlass Werner Endner
In Basel geboren, erwarb Werner Endner (1936-2005) sein Lehrerpatent am Seminar Wettingen (AG). Gleichzeitig besuchte er Musikkurse in Basel, an der Musikakademie Zürich und an der Akademie für Schul- und Kirchenmusik in Luzern. Neben seiner Tätigkeit als Musiklehrer wirkte Endner bis 2001 als Chorleiter und Organist der Franziskanerkirche Luzern und in der ehemaligen Klosterkirche St. Urban. Seine lebenslag gesammelten Akten wurden nach seinem Tod (2005, Luzern) teilweise dem Luzerner Staatsarchiv, teilweise dem Luzerner Amt für Denkmalpflege übergeben. Diese beiden Teile, bestehend aus einer sehr heterogenen Sammlung von Informationen, wurde für deren Auswertung dem ODZ dauerhaft ausgeliehen.
Nachlass/Archiv Werner Hermann Minnig
In Meiringen geboren, entwickelte Werner Hermann Minnig (1921-2015) nach seinen Musikstudium in Bern (Orgel bei Kurt Wolfgang Senn) eine ausgedehnte Tätigkeit als Orgelexperte, besonders im Kanton Bern und Umgebung. Während seiner Lehrer- (Seminar Hofwil/Bern) und Expertentätigkeit sammelte er viele Informationen über die schweizerische Orgelwelt, welche die Familie nach seinem Tod dem ODZ vermacht hat und die nun auf eine adäquate Auswertung wartet.
Nachlass/Archiv Otto Tschümperlin
In Rickenbach bei Schwyz aufgewachsen, studierte Otto Tschümperlin (*1935) nach der Matura im Kollegium Maria Hilf (Schwyz), an der Kirchenmusikschule Luzern und später an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien. Neben seiner pädagogischen und politischen Arbeit in Schwyz entwickelte er eine ausgedehnte Expertentätigkeit bei zahlreichen Orgelneubauten und Restaurierungen. Seine daraus entstandenen Akten schenkte Tschümperlin in Zusammenhang mit dem zwischen 2017 und 2019 durchgeführten kantonalen Orgelinventar dem ODZ.