Sascha Kappeler, Absolvent des MSc in Applied Information and Data Science an der HSLU. Data, Analytics and AI Engineer bei der cablex AG.
Einleitung und Hintergrund
Zunächst zu dir persönlich: Welche Hashtags beschreiben dich am besten?
#AnalyticThinker #DataDriven #LeanMindset
Erzähl uns mehr zu den Hashtags.
Die gewählten Hashtags charakterisieren nicht nur meine berufliche, sondern auch meine private Persönlichkeit.
#AnalyticThinker steht für meine Denkweise. Eine analytische Herangehensweise ist für mich der Schlüssel, um herausfordernde Probleme zu lösen und innovative Ideen zu entwickeln.
#LeanMindset steht für meine Überzeugung, dass weniger oft mehr ist. Dieses Mindset treibt mich an, ständig nach Möglichkeiten zur Optimierung von Prozessen zu suchen. Es bildet die Grundlage für meine Arbeitsweise und meinen Ansatz, immer das Beste aus jeder Situation herauszuholen.
#DataDriven steht für meine ständige Neugier und meine Entschlossenheit, aus Daten Wissen und Erkenntnisse zu gewinnen. Auch privat hätte ich am liebsten für alles eine statistische Auswertung.
Was machst du bei der Firma cablex AG?
Zurzeit arbeite ich als Data, Analytics & AI Engineer bei der Firma cablex AG. Insgesamt ist dieser Beruf sehr vielseitig, da er den gesamten Datenverarbeitungsprozess vom Rohdatenmanagement bis hin zur Gestaltung von benutzerfreundlichen Dashboards umfasst. Bereits während meines Studiums hatte ich bei der cablex AG die Möglichkeit, mein erlerntes Wissen in der Praxis anzuwenden und von Anfang an am Aufbau eines Data Warehouses (DWH) mitzuarbeiten. Zu meinen täglichen Aufgaben gehört die laufende Pflege des DWH. Das DWH enthält Daten aus verschiedenen Quellen und ich arbeite daran, geeignete Datenmodelle zu entwickeln, um die Struktur und die Beziehungen der Daten zu definieren. Diese Modelle bilden die Grundlage für das Erstellen aussagekräftiger Dashboards. In enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Geschäftseinheiten arbeite ich daran, massgeschneiderte Einblicke in relevante Daten und Kennzahlen bereitzustellen, die den Teams in ihrer täglichen Arbeit helfen, gewinnbringende Erkenntnisse zu erhalten und datenbasierte Entscheidungen zu treffen.
Was hast du vorher gemacht und warum bist du zu der Firma cablex AG gekommen?
Mein beruflicher Werdegang begann mit einer Lehre als Chemielaborant, gefolgt von einem erfolgreichen Bachelorabschluss in Biotechnologie mit Schwerpunkt pharmazeutische Technologie. In den darauffolgenden Jahren konnte ich viel Erfahrung in der Entwicklung von Kosmetikprodukten sammeln. Anschliessend entschloss ich mich, ein Masterstudium in Data Science zu absolvieren, um in diesem Berufsfeld Fuss zu fassen. Daher war ich froh, schnell eine passende Stelle im Bereich meines Studiums zu finden, um das erlernte Wissen direkt im beruflichen Kontext anwenden zu können. Die Stelle und die Tätigkeiten bei der cablex AG boten dazu die perfekte Gelegenheit und gleichzeitig eine steile Lernkurve.
Das Projekt
Erzähl uns von deinem Forschungsprojekt.
Statt sich auf eine graue Infrastruktur aus Deichen, Rohren, Dämmen und Kanälen zu verlassen, ermöglichen Schwammstädte, dass urbane Gebiete Wasser bei starken Regenfällen aufnehmen und bei Trockenheit wieder abgeben (Qi et al., 2020). Da mit dem Klimawandel die Gefahr von Überschwemmungen zunimmt, müssen Städte wie riesige Schwämme gestaltet werden. Sie können einen sicheren Abfluss des Wassers ermöglichen (BAFU/ARE, 2022). Ziel einer Schwammstadt ist es daher, Überschwemmungen, Wasserverschmutzung und Wasserknappheit im urbanen Raum einzudämmen und viele der energieintensiven Wasseraufbereitungssysteme der Stadt zu ersetzen oder deren Belastung zu reduzieren (Kruse, 2015).
In Zusammenarbeit mit dem Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen (IUNR) der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) wurde im Jahr 2020 ein Teil der Giessereistrasse in der Stadt Zürich nach dem Konzept der Schwammstadt umgebaut. Für dieses Pilotprojekt lassen sich verschiedene Klima- und Bodendaten sowie der Saftfluss der gepflanzten Bäume vor Ort messen. Ziel der Masterarbeit war es, durch geeignete Datenanalysen möglichst viele Erkenntnisse aus den erhobenen Daten für das gebaute Schwammstadtelement zu gewinnen.
Durch den Kontakt mit dem führenden Experten auf dem Gebiet der Schwammstadt in der Schweiz, Stefan Stevanovic von der Forschungsgruppe Pflanzenverwendung, konnte ich die Masterarbeit erfolgreich durchführen. Sein Fachwissen und seine Unterstützung waren entscheidend für den Erfolg meiner Masterarbeit. Sie ermöglichten es mir, meinen naturwissenschaftlichen Hintergrund mit den neu erworbenen Kenntnissen im Bereich Data Science zu verbinden.
So funktioniert die Schwammstadt
2020 wurde in Zusammenarbeit mit der ZHAW ein Abschnitt der Giessereistrasse in Zürich zu Forschungszwecken nach dem Konzept der Schwammstadt umgebaut. Nachfolgend einige Eindrücke von der Funktionsweise des Schwammstadtelements.
Durch die spezielle Bauweise gelangt das Regenwasser direkt in die Vegetationszone, wo es im Boden gespeichert wird. Nur in den Wintermonaten wird das Wasser wegen des Einsatzes von Streusalz in die Kanalisation geleitet (Quelle: ZHAW/IUNR, 2021).
Sorgfältig platzierte Bäume mit urbaner Eignung vervollständigen das Schwammstadt-Element. Sensoren erfassen kontinuierlich Daten zu Wetterbedingungen, Bodeneigenschaften und Saftfluss. Ausgewählte Vegetationen bieten Schatten und fördern die Biodiversität (Quelle: ZHAW/IUNR, 2022).
Blick aus einer anderen Perspektive auf einen Abschnitt der Schwammstadt. Im Mittelpunkt stehen drei der insgesamt neun Bäume, die im Rahmen der Forschungsarbeiten und der damit verbundenen Datenauswertung gezielt gepflanzt wurden (Quelle: ZHAW/IUNR, 2023).
Die Abbildung visualisiert 27 Bodensensoren in 3D, farblich nach Bodentiefe markiert. In der Masterarbeit wurden sie durch k-Means-Clustering gruppiert und entsprechend eingefärbt, um die räumliche Verteilung der Cluster zu zeigen und auszuwerten.
Welche Daten und Methoden hast du verwendet und welche wichtigen Erkenntnisse hast du daraus gewonnen?
Für die Auswertung habe ich Daten von verschiedenen Messstationen in der Schwammstadt verwendet, die mir die ZHAW zur Verfügung gestellt hat. Zuvor hat die ZHAW Bodensensoren installiert, um die volumetrische Bodenfeuchte sowie die Bodentemperatur zu messen. Zusätzlich hat sie verschiedene Messstationen errichtet, um umfassende Klimadaten aus der unmittelbaren Umgebung zu erfassen, unter anderem Informationen über Lufttemperatur, Niederschlagsmenge und globale Strahlungswerte. Ergänzend dazu bestimmen Saftflusssensoren an den Bäumen die Menge und Richtung des Saftflusses (= Wasser, das den Baum hinauf fliesst). Der Saftfluss in Bäumen ist ein wichtiger Indikator für ihren Gesundheitszustand und ihr Wohlbefinden. Er liefert wichtige Informationen über die physiologische Aktivität und den Stoffwechsel der Bäume. Ein effizienter und stabiler Saftfluss zeigt an, dass der Baum gut mit Wasser versorgt ist und sich in einem gesunden Zustand befindet. Umgekehrt kann ein gestörter Saftfluss auf Stressfaktoren wie Trockenheit, Krankheiten oder Schädlinge hinweisen.
Mit Hilfe des Machine-Learning-Verfahrens XGBoost habe ich Vorhersagen des Saftflusses auf Basis vorhandener Klima- und Bodendaten erstellt. Diese Vorhersagen sind nützlich, um Stressfaktoren für die Bäume frühzeitig zu erkennen und somit gezielte Massnahmen zu ergreifen, um sie gesund zu erhalten. Darüber hinaus können Ressourcen effizienter genutzt werden, indem zum Beispiel Bewässerungssysteme an die Bedürfnisse der Bäume angepasst und so Wasser und Energie eingespart werden. Die Kombination von Klimadaten und Saftflussprognosen unter Verwendung von Methoden des maschinellen Lernens und der Feature Importance Analyse eröffnet neue Perspektiven für die Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Umweltfaktoren und Bäumen.
Darüber hinaus ermöglichte die Anwendung der k-Mean-Clustering-Methode auf die Bodensensoren ein besseres Verständnis der Reaktionen des Bodens auf Umwelteinflüsse wie Regenereignisse und externe Temperaturschwankungen. Dieser Ansatz verdeutlichte auch die wichtige Rolle der baulichen Gestaltung einer Schwammstadt. Dazu gehören Aspekte wie die Neigung des Bodens, die Auswirkungen der Strasseninfrastruktur und die Verteilung der Vegetation, die die Leistung der Schwammstadt massgeblich beeinflussen. Diese Erkenntnisse bieten die Möglichkeit, den Bau und die Gestaltung zukünftiger Schwammstädte zu optimieren und damit urbane Lebensräume effizienter zu gestalten.
Ergebnisse und Erkenntnisse
Wie können deine Ergebnisse unserer Gesellschaft helfen?
Insgesamt wird die Datenanalyse von Schwammstädten unserer Gesellschaft helfen, nachhaltige und widerstandsfähige Städte zu gestalten. Die Bedrohungen des Klimawandels erfordern eine bessere Anpassung der Städte an extreme Wetterereignisse. Die Datenanalyse von Schwammstädten bietet wertvolle Einblicke in den Umgang mit Herausforderungen wie Starkregen und Hitzewellen. Durch das Verständnis, wie Schwammstädte Regenwasser effizient aufnehmen und speichern, können Städte widerstandsfähiger gegenüber extremen Wetterereignissen werden. Dadurch können sich Städte besser auf diese Ereignisse vorbereiten und die Auswirkungen auf die Bevölkerung minimieren. Darüber hinaus hat die durchgeführte Datenanalyse verschiedene Einflussfaktoren auf die Bauplanung einer Schwammstadt aufgezeigt, die genutzt werden können.
Wie möchtest du dein Projekt in Zukunft weiterverfolgen?
Nachdem ich meine Masterarbeit erfolgreich eingereicht habe und somit meine aktive Mitarbeit in diesem Projekt beendet ist, ist es mir ein besonderes Anliegen, über die Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben. Ich bin gespannt, wie sich meine Forschungsergebnisse in der Praxis auswirken werden. Die Erkenntnisse aus der Masterarbeit hat das Forschungsteam bereits in anderen Projekten unterstützt. Obwohl ich persönlich nicht mehr aktiv am Projekt beteiligt bin, halte ich engen Kontakt zur ZHAW, der Auftraggeberin der Masterarbeit. Auf diese Weise erhalte ich regelmässig Informationen über die Entwicklungen und möglichen Auswirkungen meiner Ergebnisse. Diese Verbindung ermöglicht es mir, jederzeit Unterstützung und wertvolle Einblicke anzubieten. Ich bin aufrichtig dankbar für die Möglichkeit, an diesem Projekt arbeiten zu dürfen und freue mich auf die weitere Forschung und die positiven Veränderungen, die sie in Zukunft bewirken kann.
Wie hat dein Studium das Projekt beeinflusst?
Die HSLU zeigt sich in diesem Studiengang offen für leistungsbereite und interessierte Studierende und ermöglicht so auch Quereinsteigern wie mir, sich in diesem Bereich weiterzubilden. Trotz fehlender Programmierkenntnisse konnte ich das Masterstudium aufnehmen und mir im Laufe des Studiums ein breites Wissen in verschiedenen Data Science Bereichen aneignen. Die interdisziplinären Einblicke in die Welt der Datenanalyse, die mir im Laufe des Studiums vermittelt wurden, haben es mir ermöglicht, gezielt geeignete Auswertungs- und Visualisierungsmethoden auszuwählen und diese in meiner Masterarbeit erfolgreich anzuwenden, um meine Forschungsfragen effizient zu beantworten.
Welchen Rat würdest du anderen geben, die ähnliche Projekte starten?
Die Ratschläge, die ich zukünftigen Studierenden geben würde, sind grundlegende Prinzipien, die viele bereits kennen. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, diese Prinzipien in die Praxis umzusetzen. Eine solide Basis für eine erfolgreiche Arbeit beginnt mit einer gründlichen Literaturrecherche. Bestehende wissenschaftliche Arbeiten bieten die Möglichkeit, von ihnen zu lernen und sie mit eigenen Ideen und Erweiterungen zu bereichern. Um zeitraubende Überarbeitungen zu vermeiden, ist es ratsam, frühzeitig mit einer sorgfältigen Prüfung der Daten und ihrer Qualität zu beginnen. Ich empfehle auch, kontinuierlich Feedback vom Betreuer oder Auftraggeber einzuholen, anstatt die Arbeit erst am Ende einzureichen. So kann sichergestellt werden, dass die Arbeit den Erwartungen entspricht und dem Auftraggeber den grösstmöglichen Nutzen bringt.
Und nun zum Schluss: Welchen neuen Hashtag strebst du für die Zukunft an?
#ZeitFürMich. Für das Jahr 2024 strebe ich den hashtag #ZeitFürMich an. Dieser Hashtag steht für meine Pläne, in diesem Jahr mehr auf meine Zeit und meine persönlichen Bedürfnisse zu achten. Das Jahr 2023 war geprägt von der Erstellung meiner Masterarbeit neben einem intensiven Vollzeitjob. Dies erforderte viel Engagement und Aufopferung, einschliesslich vieler Arbeitsstunden an den Wochenenden. Sowohl in der Masterarbeit als auch im Berufsalltag habe ich mich einer steilen Lernkurve gestellt und höchsten Wert auf Qualität gelegt, um exzellente Ergebnisse zu erzielen. Für dieses Jahr liegt mein Hauptaugenmerk darauf, eine Balance zwischen beruflichem Engagement und persönlicher Fürsorge zu finden, indem ich mir Zeit für Erholung und persönliches Wachstum nehme.
Wir bedanken uns bei Sascha Kappeler für das Engagement und die Zeit, um mit uns dieses wundervolle Forschungsprojekt zu teilen.
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