Dominik Finzer, Absolvent des MSc in Applied Information and Data Science an der HSLU, Data Scientist im Bereich Customer Experience & Insights bei der SBB
Zuerst zu dir persönlich: Welche Hashtags beschreiben dich am besten?
#StayCurious
#LifeLongLearning
#WhySoSerious?
Erzähl uns mehr zu den Hashtags.
Seit ich vier Jahre alt bin, ist es mein Traum, Data Scientist zu werden (Ende der Ironie). Um herauszufinden, ob etwas zu mir passt, muss ich es ausprobieren. Ich wusste seit meiner Kindheit nicht, welcher Beruf der richtige für mich ist, also habe ich vieles ausprobiert. Rückblickend habe ich es nie bereut, Neues auszuprobieren und «weiterzumachen», wenn es an der Zeit war. In jedem Job konnte ich etwas lernen und mitnehmen, was ich heute nicht mehr missen möchte. Neugierig zu bleiben, neue Menschen und Problemstellungen kennen zu lernen und immer wieder die eigene Komfortzone zu verlassen, hat mir persönlich sehr geholfen, Freude im Beruf und in der Freizeit zu finden. Zu guter Letzt glaube ich, dass man sich selbst nicht zu ernst nehmen sollte. Humor ist für mich auch im Arbeitsalltag sehr wichtig. Wenn man gemeinsam lachen kann, kann man auch gemeinsam Herausforderungen besser meistern.
Was machst du beruflich bei der SBB?
Zurzeit arbeite ich als Data Scientist im Bereich Customer Experience & Insights. Hier arbeite ich in einem interdisziplinären Team aus Data Scientists, Statistiker:innen, Designer:innen und Psycholog:innen. Unser Ziel ist es, die Kundenperspektive ins Unternehmen zu tragen und dazu beizutragen, dass die Wünsche und Bedürfnisse der Kund:innen noch stärker in Entscheidungen und damit verbundene Dienstleistungen einfliessen. In meiner Funktion bin ich vor allem dafür verantwortlich, diese Kundensicht in Form von Daten und darauf aufbauenden Analysen bereitzustellen. Neben der Verknüpfung von Daten aus verschiedenen Kundenzufriedenheitsmessungen mit weiteren Unternehmensdaten ist eine zentrale Aufgabe die Aufnahme relevanter Fragestellungen aus dem Unternehmen. Mit den verfügbaren Daten und den identifizierten Fragestellungen trage ich dazu bei, belastbare Grundlagen zu schaffen, um kundenorientiertere Entscheidungen treffen zu können.
Was hast du vorher gemacht und warum bist du zur SBB gekommen?
Nach einer technischen Grundausbildung in der Automobilindustrie habe ich Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Danach war ich als Business Analyst und Projektleiter tätig, zuerst bei einem Startup in Basel und danach bei einem IT-Beratungsunternehmen in Bern. Seit 2018 bin ich nun bei der SBB, wo ich zuerst als Unternehmensarchitekt tätig war. In dieser Rolle habe ich gelernt, dass sich komplexe Sachverhalte mit durchdachten Visualisierungen viel besser vermitteln lassen. Um meine Fähigkeiten in diesem Bereich zu verbessern, habe ich mich im Bereich Datenvisualisierung weitergebildet und dabei eine Designerin kennengelernt. Gemeinsam haben wir uns entschieden, 2021 die Stelle als "Projektleiter Datenvisualisierung und Storytelling" im Jobsharing anzutreten. Parallel dazu habe ich mein Masterstudium an der HSLU begonnen, um meine Kenntnisse im Bereich Data Science zu vertiefen und insbesondere meine Programmier- und Engineering-Fähigkeiten zu verbessern.
Erzähl uns von deinem Forschungsprojekt.
Beim Messen der Kundenzufriedenheit erheben wir bei der SBB neben den strukturierten Daten, die aus den Bewertungen der Kund:innen stammen, auch viele Freitextkommentare, in denen die Kund:innen zusätzliche Anliegen äussern. Der Aufwand, einen solchen Kommentar zu verfassen, kostet die Befragten immer Zeit. Die Hypothese war daher, dass in diesen Kommentaren Themen enthalten sind, die die Kund:innen besonders emotional bewegen. Da diese Kommentare bis heute nur sporadisch gelesen werden, war die Idee, diesen «Datenschatz» mit den heute verfügbaren Methoden der natürlichen Sprachverarbeitung (NLP) zu heben und so neue Einblicke in die Anliegen der Kund:innen zu gewinnen.
Welche Daten und Methoden hast du verwendet und welche wichtigen Erkenntnisse hast du daraus gewonnen?
Zwischen 2018 und 2022 wurden mehr als 60’000 Kundenkommentare verfasst, die als Grundlage für diese Arbeit dienten. Da diese Kommentare nicht vorgängig kategorisiert wurden, bestand das Hauptziel darin, die Themen automatisch zu identifizieren und deren Relevanz für die Kund:innen zu bewerten. Zu diesem Zweck habe ich hauptsächlich die Methode des "Topic Modeling", eine Form des unüberwachten maschinellen Lernens, verwendet, um Muster und Schlüsselthemen aus grossen Textdatensammlungen zu extrahieren. Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichten ein tieferes Verständnis der Kundenmeinungen und -bedürfnisse. Besonders bemerkenswert war, dass die Kombination dieser Ergebnisse mit verfügbaren Strukturdaten wie Alter, Geschlecht, Zeitpunkt und Reisezweck tiefere Einblicke in verschiedene Kundengruppen ermöglichte.
Für eine interaktive Grafik, klicken Sie bitte hier.
Themencluster trifft auf Schlüsselwörter: Die Grafik stellt die aus den Kommentaren extrahierten Themen sowie die dahinter stehenden Schlüsselwörter dar, um zu verdeutlichen, welche Aspekte die Kund:innen emotional bewegt.
Topic Modeling hilft bei der Extraktion von Mustern und Schlüsselthemen aus grossen Textdatensammlungen. Diese Erkenntnisse ermöglichen ein tieferes Verständnis der Kundenmeinungen und -bedürfnisse.
Wie können deine Erkenntnisse unsere Gesellschaft voranbringen?
Topic Modeling bietet die Möglichkeit, Informationen durch das automatische Erkennen von Mustern in umfangreichen Textdaten effizienter zu verarbeiten. Dadurch können sich Menschen auf ihre Stärken wie kreatives Denken, Zusammenarbeit und strategische Entscheidungsfindung konzentrieren, anstatt wertvolle Zeit mit manueller Datenverarbeitung zu verbringen. Auf gesellschaftlicher Ebene trägt dies dazu bei, Ressourcen für innovationsfördernde Aktivitäten und soziale Zusammenarbeit freizusetzen, was letztlich zu einer fortschrittlicheren und effizienteren Gesellschaft beiträgt.
Wie möchtest du dein Projekt in Zukunft weiterverfolgen?
Die Masterarbeit hat sich auf einen begrenzten Datensatz konzentriert, um die Möglichkeiten und Grenzen der Methode aufzuzeigen. Ziel ist es nun, die entwickelten Ansätze in den operativen Betrieb zu überführen. Konkret sollen täglich neue Kundenfeedbacks ausgewertet werden. Dies soll es ermöglichen, Trends und neue Anliegen der Kund:innen noch schneller zu erkennen und entsprechende Massnahmen zu entwickeln, immer mit dem Ziel, die Kundenorientierung zu stärken.
Wie hat dein Studium das Projekt beeinflusst?
Das Studium hatte einen entscheidenden Einfluss auf dieses Projekt. Ohne die Fähigkeiten, die ich mir im Studium angeeignet habe, hätte ich diese Arbeit nicht umsetzen können. Die Module des MSc Applied Information and Data Science haben mir nicht nur grundlegende Fähigkeiten wie das Programmieren in Python oder das Arbeiten mit Datenbanken vermittelt, sondern vor allem auch gezeigt, wie ich mit verschiedenen Herausforderungen effizient umgehen kann. Rückblickend war das Masterstudium perfekt, um meine Wissenslücken, insbesondere im technischen Bereich, zu schliessen und mich auf eine Karriere als Data Scientist vorzubereiten.
Welchen Rat würdest du anderen geben, die ähnliche Projekte starten?
Versucht so früh wie möglich Zugang zu den benötigten Daten zu bekommen und konzentriert euch auf eine klare Forschungsfrage. Plant viel Zeit für die Datenaufbereitung ein, oft viel mehr, als man anfangs denkt. Ich hatte das besondere Glück, von einer Expertin begleitet zu werden, die sowohl fachlich als auch methodisch sehr wertvolle Inputs lieferte und sich die Zeit nahm, meine Zwischenstände zu hinterfragen. Ergänzt durch einen fachlichen Ansprechpartner im Unternehmen, der die Herausforderungen kennt, kann aus der Masterarbeit etwas entstehen, das nicht in der Schublade verschwindet, sondern einen echten Mehrwert für einen selbst und das Unternehmen bringt.
Und nun zum Schluss: Welchen neuen Hashtag strebst du in Zukunft (z.B. für das kommende Jahr) an?
Das bleibt auch im nächsten Jahr so, aber mit etwas mehr Freizeit für andere Hobbys und Projekte :).
#StayCurious
#LifeLongLearning
#WhySoSerious?
Wir bedanken uns bei Dominik Finzer für das Engagement und die Zeit, um mit uns dieses wundervolle Research Projekt Portrait zu teilen.
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