Tanja Pohle, was bewegt Sie in Ihrem Job, was motiviert Sie täglich dazu, Menschen und Meinungen zusammenzubringen und Unternehmen zu entwickeln?
Ich erlebe die Bau- und Immobilienbranche als eine bodenständige, aber auch sehr komplexe Welt. Die Transformation ist mehrschichtig und deutlich spürbar. Viele Unternehmen brechen derzeit aus altbekannten Mustern aus und überlegen sich, wie sie ihre Organisation aufstellen und ihre Prozesse anpassen wollen, um den Aufgaben und Opportunitäten in der vernetzten Welt zu begegnen.
Die damit verbundenen Fragestellungen treiben mich an, genau hinzuhören, Verbindungen zu schaffen und ein gemeinsames Verständnis zu fördern. Durch die Vermittlung zwischen verschiedenen Interessen und Perspektiven sowie die Begleitung dieser Veränderungen sehe ich die Möglichkeit, nachhaltige Entwicklungen anzustossen – Entwicklungen, die Unternehmen und ihren Mitarbeitenden echten Mehrwert bringen und gleichzeitig Raum für Innovation schaffen. Das motiviert mich.
Hat sich in der Zusammenarbeit in Unternehmen und Projekten während Ihrer Karriere etwas verändert? Nehmen Sie mehr oder weniger Konflikte wahr als früher? Wenn ja, woran könnte das liegen?
Ich spüre tatsächlich eine Veränderung in der Zusammenarbeit – vor allem in Bezug auf die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren. Den Grund dafür sehe ich einerseits in der hybriden Arbeitsform. Ein grosser Teil meiner Meetings findet heute digital statt. Da kommt man häufig schneller auf den Punkt, fokussiert auf Fach- und Sachfragen, und muss sich oft punktgenau verabschieden, weil man schon in einem nächsten Meeting erwartet wird.
Ich erachte den persönlichen Austausch jedoch als ein wesentliches Element im Beziehungsaufbau und zur Stärkung der zwischenmenschlichen Beziehung. Oft erlauben uns genau solche «Informalitäten», zwischen den Zeilen zu lesen und auch mal gezielt nachzufragen, wie es dem Gegenüber eigentlich geht.
Andererseits hat die Veränderung im Aussen natürlich auch mit Veränderungen im Innern und meiner eigenen Entwicklung zu tun. Zu Beginn meiner Karriere war ich als studierte Bauingenieurin und Baubetriebswissenschaftlerin in meinen Projekten darauf fokussiert, Probleme zu lösen und eine eindeutige Antwort auf gezielte Fragen zu finden. Als Organisationsentwicklerin und New-Work-Spezialistin sind diese Fragen heute oft viel weniger klar umrissen. Da sprechen wir über Visionen, Empfindungen und Ziele – und leiten daraus Strategien, Handlungsempfehlungen und Roadmaps ab.
Entsprechend haben sich auch die Konflikte verändert, wobei es nicht unbedingt mehr geworden sind. Doch sie sind inhaltlich vielschichtiger geworden. In Diskussionen geht es vermehrt um unterschiedliche Weltanschauungen, persönliche Werte und die Frage, in welcher Zukunft wir leben wollen.
Wenn Sie etwas verändern könnten, was wäre es? Können Sie Bau- und Immobilienunternehmen für das Projektgeschäft einen generellen Rat mit auf den Weg geben?
In der Bau- und Immobilienwirtschaft denken wir in Projekten. Das ist nicht verwerflich, doch ich bin überzeugt, dass Exzellenz kein endgültiger Zustand ist. Vielmehr erfordert sie das Streben nach ständiger Verbesserung und die Lust an kontinuierlicher Transformation. Das setzt eine integrierte, übergeordnete Denkweise sowie einen kontinuierlichen Austausch oder Abgleich mit allen Stakeholdern voraus. Ich glaube, wir tun gut daran, uns das immer wieder zu vergegenwärtigen und vermehrt in Visionen zu denken.