13 von 100 Frauen in der Schweiz erkranken im Verlauf ihres Lebens an Brustkrebs. Mit rund 5’700 Neuerkrankungen jährlich ist er die häufigste Tumorerkrankung bei Frauen.
Die in Frage kommenden Therapien haben meist starke Nebenwirkungen zur Folge. Diese können dazu führen, dass die Partizipation an Gesellschaft und Umwelt immer schwieriger wird. Infolge ihrer körperlichen Einschränkungen werden die Betroffenen meist kurz- bis mittelfristig als arbeitsunfähig eingestuft, was zu finanziellen Einbussen führen sowie ein Gefühl von Scham und Kontrollverlust auslösen kann. Sinkt dazu ihr Selbstwertgefühl, ziehen sich viele immer mehr aus ihrem sozialen Umfeld zurück und erkranken teilweise zusätzlich an Depressionen oder Angstzuständen.
Interdisziplinarität ist gefragt
Insbesondere bei Krebserkrankungen, wo Patientinnen* unter einer Vielzahl von Belastungsfaktoren leiden, ist daher eine ganzheitliche Behandlung von grosser Bedeutung. Nicht nur bei der Therapie ist eine sinnvolle Kombination gefragt; die Versorgung der Betroffenen und ihres Umfelds erfordert auch eine enge Kooperation der verschiedenen Disziplinen. So arbeiten Chirurginnen, Radiologen, Onkologen, Physiotherapeutinnen, Pflegefachpersonen, Ernährungsberatende, Seelsorgerinnen und Sozialarbeitende gemeinsam daran, die Lebensqualität der Patientinnen aufrechtzuerhalten und ihnen zur Genesung zu verhelfen.
Multi-Begriff «Gesundheit»
Dabei ist ein umfassendes Verständnis von Gesundheit grundlegend. Denn Gesundheit bedeutet heute nicht mehr lediglich die Abwesenheit einer Krankheit, sondern laut der Weltgesundheitsorganisation WHO auch psychisches und soziales Wohlbefinden. Dieses mehrdimensionale Verständnis führt dazu, dass die Sozialarbeit innerhalb der Gesundheitsförderung an Bedeutung gewinnt, auch wenn es oft schwierig ist, ihren konkreten Zuständigkeitsbereich zu definieren.
Sozialarbeit in der Onkologie
Bei der Diagnose Brustkrebs wird den Betroffenen in allen Phasen der Erkrankung angeboten, neben der medizinischen Hilfe auf Dienstleistungen der Sozialarbeit zurückzugreifen. Gemeint ist primär ein Beratungsangebot, das entlastet und im Alltag unterstützt. Solche Beratungen bietet beispielsweise die Non-Profit-Organisation Krebsliga Schweiz an, bestehend aus einem Dachverband und rund 18 regionalen Ligen. Autorin Clivia Cavallo ist selbst in der ambulanten Sozialarbeit der Krebsliga beider Basel tätig. Für ihre Master-Arbeit hat sie sechs Frauen interviewt, die das Beratungsangebot während ihrer Krankheit in Anspruch genommen haben.
Laut den Interviewten nimmt die Sozialarbeit eine zentrale Lotsenfunktion bei der Informationsvermittlung, bei der Klärung von Rechtsansprüchen sowie dem Erschliessen von Ressourcen bei finanziellen Problemen ein. Die Betroffenen schätzten neben dieser Entlastung auch die Niederschwelligkeit der Dienstleistung: Sie kamen rasch zu einem Termin und erhielten unkompliziert Hilfe.
Mehr Präsenz gewünscht
Die Interviews zeigten: Die Sozialarbeit hat grosses Potenzial in der Onkologie. Sie begleitet, unterstützt und wirkt sich positiv auf die Psyche der Betroffenen und ihre sozialen Umstände aus. Gerade deswegen wünschen sich die Interviewten für die Zukunft, dass etwa die behandelnden Ärztinnen und Ärzte früher auf das Angebot der regionalen Krebsliga aufmerksam machen und Beratungen in die Wege leiten.
Mehr unter: 10.5281/zenodo.4555217
*In der Master-Arbeit wurde ausschliesslich die Erfahrung weiblicher Erkrankten untersucht. Deswegen wurde im vorliegenden Artikel für die Betroffenen die weibliche Form verwendet, obwohl Männer auch an Brustkrebs erkranken können.