Mit welchen Herausforderungen sind Musikerinnen und Musiker konkret konfrontiert und auf welche Ressourcen können sie zurückgreifen, um ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu fördern? Was erwarten Studierende in dieser Hinsicht von den Hochschulen? Und wie können Hochschulen die Studierenden bei der Entwicklung einer gesunden und erfolgreichen Karriere unterstützen und begleiten? Im Rahmen des Forschungsprogramms «Empowering Musicians» untersucht das Kompetenzzentrum Music Performance Research an der Hochschule Luzern diese und weitere Fragen. Dabei werden Massnahmen und Angebote zur Unterstützung der physischen und psychischen Gesundheit von Musikstudierenden evaluiert, aufgebaut und erweitert. Langfristiges Ziel ist es, eine Fürsorgekultur an Musikhochschulen zu fördern.
Internationale Pilotstudien zur Gesundheit von Musikerinnen und Musikern
Zwischen 2019 und 2021 führte die Hochschule Luzern mit der University of Leeds und der Cardiff Metropolitan University drei Pilotstudien mit Musik-, Sport- und anderen Studierenden in der Schweiz und im Ausland durch. Dabei wurden Ausgangswerte zur Gesundheit, zum Wohlbefinden und zum Erfolg von Studierenden erhoben. Zudem wurden die Studierenden teilweise auch zu ihren individuellen Konzeptionen zu diesen Kernbereichen befragt.
Aus diesen Pilotstudien lassen sich folgende Hinweise ableiten:
Insgesamt ist das Wohlbefinden von Studierenden aus allen Fachbereichen signifikant schlechter als jenes repräsentativer Abbildungen der Bevölkerung. Insbesondere Musikstudierende bewerteten ihre physische und psychische Gesundheit sowie ihre Lebensqualität tiefer als restliche Bevölkerung. Ihre Zufriedenheit in Bezug auf soziale Beziehungen und Faktoren zum Lebensumfeld (u. a. Mobilität, Freizeit, Gesundheitssystem) fiel hingegen im Vergleich höher aus.
Physische und psychische Gesundheitsprobleme sind bereits am Anfang des Studiums von Belang. Bereits die Mehrheit der Erstsemestrigen hat im Zusammenhang mit ihrer Instrumental- oder Vokaltätigkeit darunter zu leiden. Die Studierenden sind sich der Herausforderungen jedoch bewusst und wenden selbst eine Vielzahl von gesundheitsfördernden Praktiken an.
Optimismus und emotionale Stabilität fördern das Wohlbefinden der Studierenden im Allgemeinen. Gewissenhaftigkeit ist dabei ein Schlüsselfaktor in Hochleistungsdisziplinen wie Sport und Musik. Die Wahrnehmung der eigenen Kompetenz ist ein Aspekt des Wohlbefindens, der speziell für Musikstudierende besonders relevant ist.
Ihr Wohlbefinden wird auch von individuellen Denkweisen bedeutend beeinflusst, positiv insbesondere durch die Überzeugung, dass die eigenen Fähigkeiten und Talente durch Hingabe und harte Arbeit weiterentwickelt werden können (Growth Mindset). Dennoch findet ein Grossteil der Studierenden, dass die Hochschulen für ihr Wohlergehen mitverantwortlich sind.
Abschliessend sind die Musikstudierenden der Meinung, dass Wohlbefinden und Erfolg eng miteinander verbunden sind. Dabei haben sie ein differenziertes Verständnis davon, was Wohlbefinden für sie bedeutet, und verbinden es mit Gesundheit, Sicherheit, Lebenskraft und einer positiven Einstellung.
Erfolg hingen wird an Anerkennung und finanzieller Stabilität gemessen. Am wichtigsten ist jedoch, dass die Musikstudierenden der Meinung sind, dass der Schlüssel zu einem sinnhaften Leben dort liegt, wo Wohlbefinden und Erfolg zusammenkommen: in der persönlichen Entwicklung, im Glück, in der Authentizität und in funktionierenden sozialen Beziehungen.
Diese Erkenntnisse liefern einen konkreten Handlungsauftrag an die Musikhochschulen. Es gilt, Strategien zu entwickeln, um die Gesundheit und das Wohlbefinden von Musikerinnen und Musikern weiter zu fördern.
Die nächsten Schritte
Die Ergebnisse dieser Pilotstudien zeigen die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Sicht auf Gesundheit und Wohlbefinden von Berufsmusikerinnen, Berufsmusikern und Musikstudierenden.
Im nächsten Teilprojekt «Health Literacy and Practices for Musicians' Empowerment», wird, gemeinsam mit Dozierenden und Mitarbeitenden der Hochschule Luzern – Musik, weiter an der Entwicklung von Lösungsansätzen und Strategien zur verbesserten Unterstützung von Studierenden gearbeitet.