Die erste Begegnung mit Edith Birbaumer überrascht viele. Weil sie sich unter einer Kirchenfrau jemand anderes vorstellen als die junge Frau mit ihrer unkomplizierten, fröhlichen Art, die in ihrer Freizeit sportklettert. «Die Reaktionen sind meist sehr positiv», sagt die 33-jährige Theologin. Sie sei alles andere als jemand, der mit dem Gebetsbüchlein herumlaufe und die Leute bekehren wolle. «Mir geht es um den Menschen, nicht um eine Doktrin. » Für das Theologiestudium entschied sie sich, weil sie neugierig war auf ein breites Themenspektrum mit Religion, Ethik und Philosophie; im Nebenfach belegte sie Soziale Arbeit.
Wie wichtig soziales Verhalten ist, lernte Edith Birbaumer bereits im katholisch geprägten Elternhaus im Luzerner Hinterland: Ihre Mutter schickte sie los, um Neuankömmlinge im Dorf mit Blumen und Kuchen zu begrüssen. «Für uns Kinder war es selbstverständlich, auf fremde Menschen zuzugehen», sagt sie. Auch den Umgang mit älteren Menschen lernte sie bereits in jungen Jahren: «Meine Grosseltern waren Teil der Familie, und sie haben mir viel fürs Leben mitgegeben.» Heute arbeitet sie Teilzeit als Pastoralassistentin sowie als Seelsorgerin in einem Pflegeheim in Luzern. Dort feiert sie Gottesdienste oder bietet frühmorgendliche Meditationen an. Doch vor allem ist sie erste Anlaufstelle für alle, die etwas auf dem Herzen haben: Bewohner, Angehörige, Mitarbeiterinnen. Die Theologin nimmt sich Zeit für jeden, ob Kirchenmitglied oder nicht. «Die grossen Lebensfragen müssen nicht immer religiös beantwortet werden», sagt sie. Wichtig sei, dass jeder zu Antworten finde, die für ihn stimmig seien. Vor allem Menschen am Lebensende hätten oft einiges zu klären, wollten mit sich ins Reine kommen. Es bestätigt die junge Kirchenfrau in ihrem Tun, dass sie sich ihr gerne anvertrauen: «Seelsorge ist in erster Linie Beziehungsarbeit.»
Mit dem Thema «Alter und Gesellschaft» hat sie sich in einer Weiterbildung an der Hochschule Luzern vertieft auseinandergesetzt; letzten Sommer schloss sie ihren Master of Advanced Studies (MAS) mit einer Arbeit über «Entwicklungsperspektiven für die Seelsorge im Pflegeheim» erfolgreich ab. Das Studium eröffnete ihr neue Zugänge und Sichtweisen: «Ich kann meine Arbeit in der Landschaft der Alterspolitik nun besser verankern.» Für die Zukunft wünscht sie sich, weiterhin an den Schnittstellen von Kirche, Alter und Gesundheit tätig zu sein. Dafür fühlt sie sich bestens gerüstet.
Autorin: Tatjana Stocker
Bild: Priska Ketterer
Zur Person
Edith Birbaumer, Jahrgang 1982, ist in Ufhusen (LU) aufgewachsen, hat in Willisau die Kantonsschule besucht und in Freiburg Theologie studiert. Nach dem Studium arbeitete sie als Pastoralassistentin in Cham. Seit 2013 begleitet sie als Leiterin der Seelsorge im Pflegeheim Steinhof in Luzern pflegebedürftige Menschen; daneben übernimmt sie als Pastoralassistentin Teilaufgaben in der Pfarrei St. Paul. Im Sommer 2015 schloss sie ihren MAS «Alter und Gesellschaft» an der Hochschule Luzern ab. Sie lebt in Luzern.