In der Übersicht
Partizipation der Bevölkerung an Stadtentwicklung wird seit Jahrzehnten politisch gefordert und gefördert. Ziel ist es dabei, nachhaltige Planungs- und Gestaltungsprozesse zu erhalten, demokratische Strukturen zu fördern und allfälligen Konflikten vorzubeugen. Forschungen zu diesem Komplex zeigen sowohl Vorteile und Stärken von partizipativen Prozessen auf als auch Herausforderungen. Auffällig am Forschungsstand ist zunächst, dass Praktiken und Sichtweisen der Partizipierenden im Verhältnis zu institutionellen Logiken und Perspektiven seltener Untersuchungsgegenstand sind. Zudem fällt auf, dass dann, wenn die Subjektperspektive auf Partizipation erfasst wird, dichotom verfahren wird. Entweder wird die Logik einer «Partizipation als Programm» (Munsch/Müller 2021a) fokussiert; d.h. organisierte und orchestrierte Partizipationsformen, die sich methodischer Instrumente zur Förderung von Beteiligung bedienen. Oder es wird «Partizipation von unten» (van Rießen/Knopp 2015) erforscht, also nicht formal organisierte, niederschwellige, z.T. widerständige Praktiken.
Hier knüpfen wir an und nehmen drei bestehende Arealentwicklungen zum Ausgangspunkt. Konzeptionell ist das Projekt durch einen subjektorientierten Forschungsansatz (d.h., dass die Partizipierenden im Zentrum stehen) sowie alltags- und demokratietheoretische Perspektiven gerahmt. Übergeordnete Ziele sind
(a) die empirische Bandbreite der Partizipationspraktiken und -Perspektiven zu analysieren,
(b) differenzierte Aussagen über die Beziehungen zwischen den beiden Partizipationslogiken (als «Programm» und «von unten») treffen zu können und dadurch spezifische
(c) Partizipationsmuster in der Stadtentwicklung – letztere verstanden im weitesten Sinne des Stadtmachens und nicht nur als formalisierten Planungsprozess – herauszuarbeiten.
Diese Ziele verfolgen wir mittels eines qualitativ-ethnografischen Forschungsdesigns. Wir suchen Antworten auf die Frage, wie Menschen im Kontext von Stadtentwicklung im weiteren Sinne partizipieren und welche Perspektiven sie auf ihre Partizipation haben. Dazu beobachten wir vor Ort, führen Interviews und sammeln weitere visuelle Daten. Das Projekt liefert einen Beitrag zum gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskurs gelebter und erlebter Partizipation. Wir tragen dazu bei, dass der Partizipationsbegriffs weiter geschärft wird, bereichern den Ansatz ethnografischer Partizipationsforschung durch den subjektorientierten Forschungsansatz und machen diesen interdisziplinär anschlussfähig. Die Ergebnisse stellen zudem eine zentrale Grundlage für Akteur:innen dar mit anwendungsbezogenen Interessen in diesem Themenfeld, wie z.B. Soziokultur, Soziale Arbeit, Planungsbüros, Politik, Stadt- und Raumentwicklung oder auch zivilgesellschaftlicher Gruppierungen.