In der Übersicht
Das Spektrum von herausfordernden Verhaltensweisen ist breit und umfasst u.a. Selbst-, Fremdaggressionen und Sachbeschädigungen. Fest steht jedoch, dass diese Verhaltensweisen nicht nur Ausdruck der Herausforderung der betroffenen Personen selbst sind, sondern auch alle anderen involvierten Personen im Umgang damit herausgefordert sind. Bisher existieren zu dieser Thematik in der Schweiz kaum Forschungsergebnisse. Die übergeordnete Forschungsfrage lautet: Wie wird mit herausfordernden Verhaltensweisen von Erwachsenen mit kognitiven Beeinträchtigungen in Institutionen des Behindertenbereichs in der Schweiz umgegangen?
Das Forschungsprojekt ist in fünf Projektphasen gegliedert:
1. Phase: Eine nationale Vollerhebung (schriftlicher standardisierter Fragebogen) in allen Institutionen für Erwachsene mit kognitiven Beeinträchtigungen in der Schweiz liefert erstmals repräsentative Angaben zur Häufigkeit (Anzahl Menschen mit herausfordernden Verhaltensweisen) und den Formen von herausfordernden Verhaltensweisen.
2. Phase: Eine teilstandardisierte Erhebung (schriftlicher Fragebogen) an Bezugspersonen liefert repräsentative Daten zur Entstehung von herausfordernden Verhaltensweisen, zum institutionellen Umgang damit und daraus entstehenden Folgen.
3. Phase: Interviews bzw. Videoanalysen mit Erwachsenen, die kognitiv beeinträchtigt sind und herausfordernde Verhaltensweisen zeigen, erfassen die Perspektive der Betroffenen.
4. Phase: Gruppendiskussionen mit allen in der Begleitung involvierten Personen (interdisziplinäre Teams zu den 20 Personen aus Phase 3) ermöglichen eine systemökologische Analyse des spezifischen Umgangs mit herausfordernden Verhaltensweisen. So werden unter Berücksichtigung der verschiedenen Systemebenen (Mikro-, Meso-, Exosysteme) förderliche und hinderliche Faktoren für eine erfolgreiche Passung zwischen Individuum und Umwelt herausgearbeitet. Zudem werden 20 Einzelinterviews mit einem Elternteil bzw. engsten Angehörigen geführt, um auch deren Perspektive zu erfassen.
5. Phase: Die Datenauswertung und Ergebnistriangulation ergeben Resultate zu Häufigkeit, Formen, Entstehung, Umgang mit und Folgen von herausfordernden Verhaltensweisen in Institutionen des Behindertenbereichs. Es wird ein systemökologisches Best-Practices-Modell abgeleitet, das förderliche und hinderliche Faktoren bezüglich des Umgangs mit herausfordernden Verhaltensweisen enthält und die Perspektiven der Klientel, der Begleitpersonen (interdisziplinäre Teams) und der Angehörigen umfasst.
Das Projekt zeichnet sich durch seine Anwendungsorientierung und Relevanz für die Praxis und Wissenschaft aus. Die Forschenden intendieren mit dem Mixed-Methods-Forschungsdesign eine multimodale Herangehensweise an diese komplexe Thematik und zielen auf eine fundierte Analyse der aktuellen Situation in Institutionen in der Schweiz.