Welche Bedeutung hat «Netto-Null» für das BFE?
Es ist eines der wichtigsten und drängendsten Themen, die das BFE beschäftigen, und eine grosse Herausforderung für uns alle. Die Schweiz hat sich im Rahmen des Übereinkommens von Paris dazu verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Netto-Null zu senken. Für den Gebäudesektor wird als Zwischenziel bis 2040 eine Reduktion von 82 % der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 angestrebt. Das ist nur möglich, wenn alle verfügbaren Hebel in Bewegung gesetzt werden.
Sie sprechen am IGE-Seminar über das Forschungsprojekt «Netto-Null Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich», welches das BFE durchführt. Was ist das Ziel des Projekts und welche Ergebnisse wurden erzielt?
Netto-Null Treibhausgasemissionen bis 2050 im Sektor Gebäude ist das erklärte politische Ziel. Noch fehlt jedoch eine einheitliche Definition, was das für den Gebäudebereich heisst, und zwar über den ganzen Lebenszyklus eines einzelnen Gebäudes hinweg. Was ist ein Netto-Null-Gebäude? Das Ziel des Projekts ist deshalb, eine gemeinsame, wissenschaftlich fundierte Definition für die Schweiz zu erarbeiten, die als Grundlage zur Grenz- und Zielwertsetzung in Gebäudestandards und -label verwendet werden kann. Hinter dem Projekt steht eine breit abgestützte Steuergruppe mit allen relevanten Akteuren: Vertreter:innen des SIA, von GEAK, Minergie, SNBS, ecobau und weiteren, die alle am gleichen Strick ziehen.
Das Projekt ist nun in der Endphase. Wir haben letzten Sommer einen Zwischenbericht veröffentlicht, und noch im 1. Halbjahr 2024 werden fünf Grundlagenberichte sowie ein zusammenfassender Schlussbericht publiziert. Klar ist aber jetzt schon, dass beim Bauen mit konzeptionellen und planerischen Massnahmen ein grosser Anteil Emissionen vermieden werden kann. Am meisten spart man allerdings, wenn etwas nicht gebaut wird. Kann man etwas stehen lassen, statt abzureissen, dann sollte man das tun. Bei Neubauten können massgeblich Emissionen eingespart werden, indem zum Beispiel die Fläche reduziert, Untergeschosse verkleinert oder ganz weggelassen oder das Energiekonzept optimiert wird. Aber auch die sorgfältige Materialwahl stellt einen wichtigen Hebel dar.
Welchen konkreten Nutzen hat dieses Projekt für die Baupraxis?
Die Baupraxis profitiert indirekt von diesem Projekt: Die gemeinsame Definition wird nach Abschluss des Forschungsprojekts von den verschiedenen Organisationen in ihren Labels und Standards eingearbeitet. Ob in der Praxis dann mit Gebäudelabels oder normativen Standards gearbeitet wird, die Anforderungen an ein Netto-Null-Gebäude sollen immer die gleichen sein. Dies schafft Transparenz am Markt und erleichtert die Umsetzung in der Baupraxis.