Ausgehend vom Wortpaar Drogen ohne Glück habe ich mich auf die Suche nach einer Szenerie gemacht, in welcher Drogen eine zentrale Rolle spielen und das Leben der Personen zu diktieren scheinen. Ich sah in der Wortpaarung Drogen ohne Glück bereits eine starke Wertung und wollte verhindern, eine plakative oder gar moralische Arbeit zu machen. Das Medium der Tonaufnahme schien mir geeignet, um eine möglichst objektive, von meiner Person losgelösten Blick auf die vorgefundene Situation zu werfen. Während der Aufnahme habe ich mich neben die Gruppe gestellt und versuchte wie zufällig an der Haltestelle zu warten. Als einer der Gruppe mich nach einer Weile ansprach, ob ich von der Stadtpolizei sei oder was ich denn hier so lange herumstehe wurde mir klar, dass ich meiner eigenen Rolle bewusst werden muss. Mich beschäftigte die Frage, weshalb ich ihm nicht ehrlich antworten konnte / wollte, sondern behauptete, auf den Bus zu warten. Mir wurde je länger je klarer, dass ich deren Gespräch zu meinem Material machte. Die Langstrasse, als ihr täglicher Aufenthaltsort der für sie wohl eine Art geschützter, privater Raum ist, nutzte ich um zu einer möglichst spannenden Schauplatz zu kommen. Einen sensiblen Umgang mit dem Tonmaterial schien mir von grosser Bedeutung zu sein für meine Weiterarbeit. Ich erstellte eine Transkription der Aufnahme. Die Personen schienen von ihren eigenen Gedanken und aktuellen Anliegen absorbiert zu sein. Konversationen liefen parallel. Es wurde mehr gesprochen als zugehört. Gegenseitige Forderungen und Wortwiederholungen prägten die Unterhaltungen. Interessiert hat mich das Nebeneinander der Personen und ihrer Gespräche. Durch Reduktion auf der Textebene habe ich einen deskriptiven Beschrieb der vorgefundenen Szenerie erhalten. Entstanden sind 178 Textfragmente, die aus Verben (Bsp.: warten, umherschleichen, anlügen) und teilweise inhaltlichen Zusätzen (Bsp.: ein Röhrli machen, ein Freund sein, kein Ritalin haben) ergänzt wurden. 35 dieser Textfragmente habe ich durch Schablonen auf Pflastersteine gedruckt. Pflastersteine scheinen mir geeignete Schriftträger zu sein, da sie sich in die Szenerie der Langstrasse eingliedern und im Gegensatz zu Karton o.ä. eine lange Lebensdauer haben. Die Wortsteine wirken distanziert, schaffen aber inhaltlich eine überraschende Nähe zu ihrem Ursprungsort. Die frisch bedruckten Steine liegen in der Ateliersituation auf einem Handwagen bereit und warten auf den Transport an die Zürcher Langstrasse. Die Steine werden dort wieder verteilt, treten als Satzfetzen in einen Dialog mit den Passant*Innen, womöglich stört man sich ab den Stolpersteinen oder Inhalten wie; Italiener hassen, Mongo sein, gleiches Pack sein und die Steine werden verschoben oder gar weggebracht. Die Steine bleiben an der Langstrasse und gehen ab da ihren eigenen Weg.
Folgende Erkenntnisse werden Einfluss haben auf meine weiteren künstlerischen Arbeiten:
- Ich muss mir meiner Rolle und Sozialisierung bewusst werden; besonders, wenn ich mich mit einer Gruppe Menschen auseinandersetze, zu der ich selber nicht gehöre.
- Ich nehme aus dem Moment der Gesprächsaufnahme mit, dass ich mir bereits im Vorhinein einen Plan machen muss, wie ich mein Vorhaben/Tun im öffentlichen Raum erklären kann, falls ich angesprochen werde.
- Neben der textlichen Ebene spielt der Schriftträger eine grosse Rolle. Einen passenden Schriftträger für die gewünschte Wirkung (in diesem Falle eine Eingliederung in einen Stadtteil) zu finden benötigt Zeit
Mich interessiert in künftigen Arbeiten, erneut die Reduktion eines komplexeren Inhaltes (Gespräch, Text oder andere sprachliche Formen) zu erproben und eine geeignete Wiedergabeform zu finden.