Die Frage der Verantwortung von Unternehmen wurde in der ökonomischen Lehre bereits im letzten Jahrhundert diskutiert. Ökonom Milton Friedman meinte 1970 in der New York Times: «The Business of Business is Business» - oder etwas ausführlicher: Wenn eine Firma nur auf den Profit schaut, wird sie sich ganz selbstverständlich verantwortungsvoll verhalten, weil es sonst vom Markt abgestraft wird und nicht überleben kann.
Nach 50 Jahren eben dieser liberalen Wirtschaftspolitik und der damit einhergehenden Globalisierung zeigen sich offensichtlich Schwächen in seiner Theorie. Während aus der ökonomischen Perspektive schwindelerregende Zuwachsraten gefeiert wurden (der Dow-Jones ist von 800 Punkten 1970 auf über 34'000 Punkte im Jahr 2021 gestiegen, ein Plus von 3600%), mehren sich die Verluste auf der ökologischen Seite: Die Artenvielfalt nahm im gleichen Zeitraum um 50% ab, Tendenz weiter zunehmend. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass weltweit pro Tag rund 150 Arten aussterben.
Auch aus sozialer Perspektive sieht die Bilanz durchzogen aus: Millionen Menschen leben weltweit nach wie vor in Armut und über zwei Milliarden Menschen haben keinen täglichen Zugang zu Wasser. Arbeitslosigkeit und Gleichstellung sind grosse Herausforderungen, ebenso die wachsende Ungleichverteilung des Vermögens.
Mit den aktualisierten Aktionsplänen (
Agenda 2030) zu Corporate Social Responsibility (CSR) sowie zu Wirtschaft und Menschenrechten gibt der Bundesrat nun Gegensteuer und nimmt sowohl die Wirtschaft – und damit natürlich auch die KMU – wie uns alle als Individuum in die Pflicht.
Pflicht zu einer verantwortungsvollen Unternehmensführung
So hält die Agenda fest: «Wir verpflichten uns, die Art und Weise, in der unsere Gesellschaften Güter und Dienstleistungen produzieren und konsumieren, grundlegend zu verändern. Die Regierungen, die internationalen Organisationen, die Unternehmen und anderen nichtstaatlichen Akteure wie auch jeder Einzelne müssen zur Veränderung nicht nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster beitragen.»
Nachhaltigkeit – mehr als eine lästige Pflicht
Das Thema Nachhaltigkeit hat aber natürlich nicht nur die Politik, sondern auch die Gesellschaft erreicht. Konsumentinnen und Konsumenten achten verstärkt auf ökologische Produkte und Produktionsverfahren. Soziale Aspekte wie Arbeitsbedingungen stehen ebenfalls vermehrt im Fokus, wie die Diskussion und das Abstimmungsresultat zur Konzernverantwortungsinitiative gezeigt haben.
Unternehmen, bei welchen ökologisch kritische oder sozial unfaire Praktiken zum Vorschein kommen, sind angreifbar und verwundbar geworden. Besonders grosse Firmen haben darauf reagiert und Massnahmen ergriffen, um diese Risiken zu mindern.
KMU hingegen haben oft nicht die Ressourcen, um ganze Stäbe mit solchen Aufgaben zu betrauen. Trotzdem werden auch sie nicht umhinkommen, ihre Geschäftsmodelle und -strategien nachhaltig(er) auszurichten.
Die gesetzlichen Vorgaben und Risikoüberlegungen gegenüber dem Markt bilden dabei lediglich die Basis-Linie. Es geht also nicht nur darum, mittels Leitfäden (z.B.
DNK-Leitfaden,
SDG Kompass oder
SDG für KMU) ein Reporting aufzubauen, um schädliche Geschäftspraktiken zu erkennen und zu verhindern: Echte Nachhaltigkeit beginnt mit einer vertieften Auseinandersetzung innerhalb einer Unternehmung und schliesst auch die Arbeits- und Produktionsbedingungen der Zulieferer mit ein.
Die Kür: Umfassend Verantwortung übernehmen
Dabei zeigt sich, dass KMU, welche Nachhaltigkeit systematisch thematisieren und in ihren Geschäftspraktiken integrieren, einen starken Rückhalt bei ihren Mitarbeitenden finden. Wichtig ist ein gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit und nachhaltigem Handeln. Dies kann nur entwickelt werden, wenn das Thema Nachhaltigkeit intern fachlich verankert ist und auch moralisch/ethische und kulturelle Fragen diskutiert werden können.
Unternehmen, welchen es gelingt, Nachhaltigkeit als echtes Anliegen aufzunehmen und ihren Mitarbeitenden die Freiheiten für nachhaltige Initiativen und Projekte geben, werden mit engagierten und motivierten Mitarbeitenden belohnt. Und was stärkt ein Unternehmen mehr als motivierte und engagierte Mitarbeitende, auch für seine eigene, ökonomische Nachhaltigkeit?
Dies ist ein Auszug aus einem Artikel des gleichen Autors, welcher in der Fachzeitschrift Organisator im August 2021 unter dem gleichen Titel erschienen ist.