Die meisten Experimente, die unter simulierter oder tatsächlicher Mikrogravitation sowie unter terrestrischen Bedingungen durchgeführt werden, befassen sich mit zentralen Fragen der Übersetzung externer physikalischer Kräfte in biologische Reaktionen. Die Labors der Space Biology Group, mit denen die beteiligten Experimente durchgeführt wurden, sind mit modernster Technologie und Instrumenten zur Analyse der Zellreaktionen ausgestattet, wobei zellbiologische, biochemische, biotechnologische und elektrophysiologische Ansätze zum Einsatz kommen. Seit der Gründung der Space Biology Group im Jahr 1977 werden mechanobiologische Untersuchungen an verschiedenen biologischen Systemen, von Pilzen bis zu menschlichen Zellen und auf verschiedenen Forschungsplattformen wie Zentrifugen, Mikrogravitationssimulatoren, Parabelflügen (unter Nutzung von Flugzeugen der Europäischen Weltraumorganisation ESA und der Schweizer Luftwaffe), Höhenforschungsraketen, dem Space Shuttle und den Labors der Internationalen Raumstation ISS durchgeführt.
Infrastruktur
Die Space Biology Group belegt eine Fläche von 650 m2 am Obermattweg 9 in Hergiswil bei Luzern. Dazu gehören moderne Büros und Besprechungsräume (250 m2), 4 Labore (BSL 1 und BSL 2 Ebenen, 320 m2), ein Mikroskopieraum (20 m2) und ein Kontrollraum (60 m2) für die aktive Teilnahme an Raumfahrtmissionen. Außerdem steht eine kleine Küche zur Verfügung. Alle 11 Büros sind mit Computern, Telefonen und Büroarbeitsplätzen ausgestattet.
Virtueller Rundgang Labore
BSL 2-Labor
Das Kompetenzzentrum unterhält zudem ein Biosafety Level 2-Labor für das Arbeiten mit menschlichen Zellen
Die Labore sind mit allen notwendigen Werkzeugen ausgestattet, um modernste zellbiologische Experimente durchzuführen, die die langfristige Kultivierung verschiedener Zelltypen von Bakterien über Algen bis hin zu Säugetierzellen (unter Verwendung von Laminar-Flow-Bänken und verschiedenen Arten von Inkubatoren) umfassen. Darüber hinaus stehen Instrumente zur Verfügung, um Untersuchungen sowohl auf Zellgenom- als auch auf Proteinebene durchzuführen (mit Real-Time PCR, Western Blotting Equipment etc.). Standardtechniken wie Immunzytochemie und Fluoreszenz und Immunhistochemie haben sich in unseren Labors fest etabliert. Dazu wurden die Verfahren zum Einbetten, Schneiden und Färben längst etabliert. Unser Mikroskopierraum ermöglicht eine adäquate visuelle Inspektion und Dokumentation der mit der Färbetechnik erzielten Ergebnisse. Ein konfokales Laser-Scanning-Mikroskop, ein inverses Lichtmikroskop sowie mehrere reguläre Mikroskope stehen zur Verfügung und sind für die visuelle Untersuchung im Fluoreszenz- und Hellfeld, Phasenkontrast, DIC, VAREL-Kontrast und Hoffman Modulation Contrast (iHMC) Modus bereit. Darüber hinaus arbeiten wir an einem neuen Digital Holographic Microscope (DHM), das unsere Möglichkeiten in der Mikroskopie enorm erweitern wird, indem es uns ermöglicht, 3D-Bilder von Zellen oder Gewebe unter realen und simulierten Schwerelosigkeitsbedingungen aufzunehmen.
Eine Auswahl unserer wissenschaftlichen Instrumente
Accuri C6 fluorenzent aktivierter Zellsortierer
Biorad iQ5 Echtzeit PCR System
Zeiss konfokales Laserscanning Mikroskop
Zeiss Fluoreszenz Mikroskop
Wissenschaftliche Methoden
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Digitales Holografie-Mikroskop (DHM)
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Technik zur Untersuchung lebender Zellen in 3D (unter normalen und Mikrogravitationsbedingungen)
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Enzym-Assays (ELISA)
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Einsatz z.B. zur Quantifizierung von Hormonen in Blutproben
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Elektrophysiologie
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Eizellen-Elektrophysiologie (mit TEVC) und Ganzzell-Patch-Clamp-Technologie (Hirnschnitte)
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Immunozytologie und Histochemie
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Antikörper-Färbung verschiedener Zellen und Gewebe
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Mathematische Modellierung
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Modellierung der Sekretionsmuster der Hypophysenhormone von Nagetieren und Menschen
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Impedanz-Durchflusszytometrie (IFC)
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Einzelzellenmessungen der elektrischen Eigenschaften von Zellen bei hohem Durchsatz
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Techniken der Mikrogravitationsforschung
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Bodenbasierte Mikrogravitationsgeräte wie Random Positioning Machine oder Clinostates
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Weitere Techniken im Labor
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Licht- und Fluoreszenzmikroskopie, Konfokale Mikroskopie (LSM), Zellkulturtechniken, Western Blotting, Echtzeit-PCR, Durchflusszytometrie (FACS), Transfektion, Biotechnologie für verschiedene Zellkulturen
Darüberhinaus unterhält die Space Biology Group verschiedene bodenbasierte Mikrogravitationssimulationsgeräte, die in großen temperaturkontrollierten Klimakammern gelagert werden. Wir haben uns auf den Einsatz von Random Positioning Machines (RPM) zur Durchführung von Studien in einer Umgebung spezialisiert, in der der Gravitationsvektor auf Null gemittelt wird. Neben dem Betrieb der RPMs beschäftigen wir uns auch mit der Entwicklung und dem Bau neuer Generationen von RPMs, die besondere Merkmale bieten, von denen Forscher profitieren können, wie z.B. die Erzeugung einer Umgebung mit Partialgravitation (Gravitationsniveaus zwischen 0g und 1g). Eine Auswahl der in der Space Biology Group verfügbaren RPMs ist nachfolgend dargestellt:
Schwerelosigkeitssimulatoren
Erste Generation RPM
Dutch Space RPMs
Zweite Generation RPM
MGI mit Aufbau auf Inkubator und Teilgewicht
Dritte Generation RPM
MGS Kompaktversion, die eine gleichmässige Probenaufbereitung garantiert
Diese RPM-Geräte werden nicht nur von den Forschern der Space Biology Group eingesetzt, sondern auch interessierten Personen aus Forschungseinrichtungen, der Industrie oder öffentlichen Schulen angeboten. Aus diesem Grund war die Space Biology Group viele Jahre lang offizielle ESA-Bodenstation.
Hardware-Entwicklung
Die Durchführung von Forschung unter Schwerelosigkeit erfordert die Entwicklung neuartiger experimenteller Hardware. In einem hochgradig interdisziplinären Aufbau fördert die Space Biology Group die Zusammenarbeit von Ingenieuren und Wissenschaftlern bei der Realisierung solcher Hardware. In der Vergangenheit haben sich die Kooperationen mit den folgenden Institutionen und Branchen als sehr fruchtbar erwiesen und zur Realisierung mehrerer mikrogravitationserprobter Hardware geführt: FHNW; Fachhochschulen und Kunsthochschulen; Fachhochschule Buchs; Fachhochschule Zürich; RUAG, Nyon; CSEM, Neuenburg; Seyonic, Neuchatel; SpaceTek Engineering, Bern, Schweiz
Flug Hardware für die Mikrogravitationsforschung
CEMIOS
Hardware auf Höhenforschungsrakete
CEMIOS
Hardware im Vibrationstest
CELL FREEZE FRAMER
Experiment Hardware im Zero-G Parabelflieger
CELL FREEZE FRAMER
Experimentiereinheit
CELL FREEZE FRAMER
Parabelflugkampagne Bordeaux 2019
BIOTESC - das Dienstleistungszentrum der ESA
Das Schweizer Raumfahrtzentrum für Biotechnologie der Europäischen Weltraumorganisation ESA ist eines von vier European User Support and Operation Centers (USOCs). Diese Zentren sind für die Vorbereitung und den Betrieb der europäischen Experimente an Bord der Internationalen Raumstation ISS zuständig. BIOTESC ist verantwortlich für die Vorbereitung, Prüfung und den Betrieb biologischer Experimente, die innerhalb der BIOLAB-Anlage des Columbus-Moduls (das eines der Module der ISS ist), der KUBIK-Anlage oder der in einem der ISS-Module installierten eigenständigen Hardware durchgeführt werden. Das Team von BIOTESC ist verantwortlich für die Implementierung der operativen Produkte sowie für die Unterstützung der Astronauten bei der Durchführung der damit verbundenen biologischen Experimente an Bord der ISS aus unserem integrierten Kontrollraum heraus.