Wie der Dorfladen auch in Zukunft überlebt: «Mut zum Machen ist gefragt»
Der Handel und die Entwicklung von Zentren in Städten sind eng miteinander verknüpft – ein weiterer Gastbeitrag zur Stadtentwicklung von der Hochschule Luzern.
Es fällt auf: Leere Ladenlokale in ländlichen Gemeinden prägen zunehmend das Erscheinungsbild. Was ist passiert? Ein Treiber dieser Entwicklung: Wir kaufen anders ein. Mit einem Klick zu jeder Tages- und Nachtzeit auf der ganzen Welt shoppen ist angesagt. Damit steigen die Ansprüche an das zur Verfügung stehende Warensortiment und vor allem an den Preis. Der Günstigste bekommt den Zuschlag, sei er in Schongau oder in Schanghai. Praktisch: Beraten lassen kann man sich ja immer noch umsonst im Dorfgeschäft. Doch diese Rechnung geht auf die Dauer nicht auf. Verlierer sind nicht nur inhabergeführte Geschäfte, die diesem Druck nicht mehr standhalten können. Verlierer ist die ganze Gemeinde, denn es droht ein Verlust an Lebensqualität, wenn die Versorgung auf den Supermarkt am Gemeinderand reduziert wird.
Der Handel und die Entwicklung von Zentren in Städten bildeten schon immer ein entscheidendes Tandem. Der Deal: Der Handel schafft die wirtschaftliche Grundlage für die Entstehung der Städte. Dafür bietet die Stadt durch Ladenstrassen und Märkte Raum für den Handel. Verändert sich dieser, beeinflusst dies die Strukturen der Stadt und die Gestaltung des Lebensalltags darin. Der Onlinehandel bringt dieses Gleichgewicht durcheinander. Aufhalten lassen wird er sich nicht. Die Frage ist, wie man damit umgeht.
In den Innenstädten haben viele Geschäfte auf den zunehmenden Druck reagiert, indem sie ihren Handel erlebnisorientiert auf ein zahlungskräftiges Klientel und ein spezifisches Angebot – etwa Schoggi und Schmuck – ausrichten. Bewohner haben sich dem mit allen Konsequenzen zu fügen.
Für ländliche Gemeinden stellt sich der Verlust an Vielfalt und Einmaligkeit ungleich drastischer dar. Hier dreht sich eine Abwärtsspirale von sinkender Attraktivität, Verlust an Arbeitsplätzen und letztendlich Wegzug der Bewohnenden. Und doch bieten sich durch die Veränderungen auch Chancen: Mehr als jemals ist es nun nötig, Initiativen, die zur Erhöhung der Lebensqualität in der Gemeinde beitragen, zu fördern. Gemeindemitglieder wirken dem Attraktivitätsverlust der Gemeinde als Lebensort und der drohenden Vereinsamung mit verschiedensten Projekten entgegen. Mit Fantasie und Einsatz verwandeln sie zum Beispiel ein verwaistes Ladenlokal in einen Dorftreffpunkt.
Diese Prozesse vertragen keine bürokratischen Hindernisse, sondern erfordern kreativen Freiraum. Wenn das Dorfcafé an der Auflage von geschlechtergetrennten Toiletten oder der geplante Co-Working-Space am mangelnden Parkplatz scheitern, dann ist Potenzial vergeudet und die Chance zum Umbruch vertan. Mut zum Machen und nicht Angst vor dem Scheitern ist jetzt gefragt – von den Bürgern so gut wie von den Entscheidungsträgern in den Gemeinden.