Die meisten Migrantinnen und Migranten bekommen in der Schweiz Unterstützung beim Deutschlernen und bei der Wohnungs- und – sofern möglich – der Arbeitssuche. Es gibt auch soziale Treffpunkte: Mit dem Verein "HelloWelcome" haben Geflüchtete in Luzern einen offenen multinationalen Treffpunkt und eine Anlaufstelle. Und doch fehlt manchen Neuankömmlingen etwas, damit sie das Gefühl haben, hier nicht nur zu leben, sondern zu Hause zu sein: Kontakt mit Einheimischen.
Im Projekt GetTogether von Liliane Kugler, Markus Alder, Nora Zumoberhaus, Solveig Bühler – Studierende der Sozialen Arbeit an der HSLU – gehen Ausländerinnen und Ausländer gemeinsam mit Einheimischen auf einen Rundgang durch Luzern, mit ÖV und zu Fuss. Vom Bourbaki-Museum zum öffentlichen Kühlschrank «Madame Frigo» dann ins Kulturzentrum Neubad und zum Schluss nach einem Match mit den FC Kickers ins Treibhaus.
Am ersten GetTogether vom 10. Juli 2021 nahmen neun Migranten teil – sechs als Gäste und drei als Helfer – ausschliesslich Männer, obwohl ein Kinderhütedienst angeboten wurde. Über die Gründe, warum sich keine Frauen anmeldeten, kann Solveig Bühler nur spekulieren. «Vielleicht waren sie zu schüchtern, weil sie noch nicht so gut Deutsch verstehen.»
Viele glückliche Momente
Der Stadtrundgang bescherte den Teilnehmenden viele schöne Momente. Die grosse Euphorie kam beim Fussballspielen. «Man merkte richtig, wie bei allen das innere Kind durchbrach», erzählt Bühler. «Die Sprache spielte plötzlich keine Rolle mehr. Das fand ich etwas vom Berührendsten, denn so hatten wir uns das vorgestellt: zusammen lachen, zusammen spielen.» Auch dank der Helfer Ali Mohammad Ahmadi, Roshan Ali Akhondzadeh und Iyad Al Issa aus Afghanistan und Kurdistan war die Atmosphäre schnell entspannt und locker.
Auf reges Interesse stiess das Panorama-Rundbild im Bourbaki-Museum. Das berühmte Werk hat die Internierung von 87’000 französischen Soldaten zum Thema, die im Winter 1871 in der Schweiz Zuflucht fanden. Liliana Kugler berichtet: «Die Teilnehmenden wollten genau wissen, was das für eine Schlacht war und was es mit der humanitären Tradition der Schweiz auf sich hat.» Genau solche Diskussionsanstösse führen zu spannenden Gesprächen, welche mitunter auch helfen, sich schrittweise besser zu verstehen.
Eine gute Idee reicht nicht
Das Projekt zeigt nicht nur, wie sehr die HSLU auf Praxisnähe setzt, sondern auch, wie die Studierenden mit Herz und Seele dabei sind. Es galt nicht nur, eine Idee zu entwerfen, sondern auch, sie umzusetzen und mit dem Verein HelloWelcome einen Partner dafür zu gewinnen. In vielen Diskussionen und nächtelangen Sitzungen entwickelten die Studierenden Nora Zumoberhaus‘ Idee eines Stadtrundgangs weiter und arbeiteten sie aus.
«Die Studienleitung hatte uns empfohlen, ein Projekt zu realisieren, in das wir unser Herzblut stecken können», sagt Zumoberhaus. «Das haben wir getan, und es ist schön zu wissen, dass wir diesen kleinen Schritt realisieren konnten, nämlich Menschen zusammenzubringen und dafür zu sorgen, dass sie bessere Chancen haben beim Zugang zu Kultur und Freizeitangeboten.»
Das Projekt läuft weiter
Das Feedback der Teilnehmenden war so gut, dass GetTogether nun zu einem festen Bestandteil von Solinetz, zu dem HelloWelcome gehört, wird. Die Koordinatorin des Vereins, Luisa Grünenfelder, ist denn auch voll des Lobes: «Die Zusammenarbeit mit den Studierenden war sehr gut. Sie haben das Ganze gut organisiert und aufgegleist, waren zuverlässig und berücksichtigten Punkte, die uns wichtig sind.» Bald soll der nächste Rundgang stattfinden und Migrantinnen und Migranten und die einheimische Bevölkerung zusammenführen – damit das Eis nicht nur bei Madame Frigo bricht.