Janet Stojan
Eine allgemein gültige Definition für eine Diagnose Burnout gibt es nicht. Die Symptome und der Verlauf können, je nach persönlicher Ausgangslage, sehr unterschiedlich sein. Sichere Anzeichen sind emotionale Erschöpfung, Selbstentfremdung und individuelle Leistungseinbussen als Folgen chronischer Arbeitsüberlastung. Für die Verfasserin und Verfasser sind Faktoren der Persönlichkeit, arbeits- und organisationspsychologische sowie soziologisch-sozialwissenschaftliche Faktoren massgeblich bei der Entwicklung eines Burnouts. Kurz: Burnout entsteht, wenn Intention, also das Innen, und Berufsrealität, das Aussen, fehlpassen. Daraus kann sich ein dauerhafter negativer arbeitsbezogener Seelenzustand entwickeln.
Risikogruppe Sozialarbeitende
Grundsätzlich kann jede Berufsgruppe ein Burnout entwickeln. Erhöhte Anforderungen an Flexibilität und Mobilität, stetig steigende fachliche Ansprüche, mehr Hektik und Stress und die unzureichende Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sind nur einige Gründe, wieso es jede oder jeden treffen kann. Bei Sozialarbeitenden kommt laut der geführten Interviews beispielsweise hinzu, dass in ihrem Bereich oft rationalisiert wird und psychosozialpädagogische Berufe ein schlechtes Image in der Öffentlichkeit haben. Die Arbeit mit Menschen in Notsituationen und schwierigen Lebenslagen kann darüber hinaus zu einer chronischen emotionalen Belastung werden. Der Fokus auf Probleme, überwiegend negatives Feedback, emotionaler Druck oder Nähe zum Klientel sind für die Verfasserin und Verfasser beispielsweise Bedingungen, die für Sozialarbeitende kritisch werden können.
Führungskräfte in der Verantwortung
In ihrer Abschlussarbeit führen Stadelmann, Merkle und Vishaj verschiedene Präventionsmassnahmen auf. Sie fassen zusammen, dass die Arbeitgebenden und Führungskräfte in allen Präventionsmodellen einen grossen Anteil daran haben, Burnout zu verhindern. Die Autorin und Autoren führten dazu sechs Befragungen in der Praxis durch. Sozialdienstleitende aus städtischen Sozialdiensten in der deutschsprachigen Schweiz wurden gefragt, welche Faktoren aus ihrer Sicht einen Einfluss auf die Burnout-Entwicklung bei Sozialarbeitenden haben und wie die Prävention konkret in den jeweiligen Organisationen aussieht. Hoher Idealismus, unerfüllte Erwartungen oder mangelnde Abgrenzung sind zum Beispiel laut Experten und Expertinnen Risikoaspekte, die im Inneren, in der Intention also, der Sozialarbeitenden liegen. Zwangskontext, hohe Fallbelastung und politischer Druck sind Risiken, die das Aussen, ihre Berufsrealität, vorgibt.
Prävention in Theorie und Praxis
Die Bachelor-Arbeit zeigt dazu eine umfassende Zusammenstellung der inneren und äusseren Risikofaktoren mit den dazugehörigen Schutzfaktoren aus Sicht der befragten Experten und Expertinnen. Diese Zusammenstellung gibt gleichzeitig Hinweise, was Sozialarbeitende im persönlichen Bereich in kritischen Situationen tun können und wo die Schwerpunkte seitens der Führungskräfte oder der Organisation liegen, um Burnout-Entwicklungen zu vermeiden – wie beispielsweise Arbeitsgestaltung, positive Fehlerkultur und kollegiale Unterstützung. Ausserdem erläutern die Autorin und Autoren die Präventionsmassnahmen in der Praxis, bewerten diese und ordnen sie in Zusammenhang mit den Erkenntnissen aus der Theorie ein. Stadelmann, Merkle und Vishaj haben daraus sieben wichtige Präventionsmassnahmen herausgearbeitet, die für eine erfolgreiche Implementierung in Sozialdiensten geeignet sind. So empfehlen sie beispielsweise, Führungspersonen im Umgang mit Sozialarbeitenden und zum Thema Burnout regelmässig zu sensibilisieren, verlässliche Austauschgefässe wie Intervision oder Supervision einzubetten und ein Aus- und Weiterbildungsangebot, das allen Mitarbeitenden offensteht.
Zur Bachelor-Arbeit: «Burnout in städtischen Sozialdiensten: Eine Analyse möglicher Massnahmen zur Burnout-Prävention» (DOI: 10.5281/zenodo.3465612)