Die Autorin beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit dem Zusammenhang zwischen der Gesundheit von Menschen und ihrer Alltagslandschaft, d. h. mit der Landschaft in der Wohnumgebung in Städten und Agglomerationen. Bislang wurde dieses Thema in der Praxis der Gesundheitsförderung eher am Rand behandelt und ihm wurde nicht die angemessene Bedeutung zugestanden. Neben dem Einfluss auf die psychische, physische und soziale Gesundheit der Menschen untersuchte Karin Clemann ausserdem, welchen Beitrag Professionelle im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention an die Verbindung von Landschaft und Gesundheit leisten können und welche Empfehlungen sich für die Praxis ableiten lassen. Für die Beantwortung ihrer Forschungsfragen hat sie eine umfassende Literaturrecherche durchgeführt sowie einen Kriterienkatalog für die Gestaltung von gesundheitsfördernden Landschaften erstellt.
Positive Auswirkungen belegt
«Es besteht nach wie vor Forschungsbedarf hinsichtlich der langfristigen Wirkungen und der Wahrnehmung und Nutzung von Landschaften durch unterschiedliche soziale Gruppen. Trotzdem lässt sich ihr Einfluss auf das Verhalten, das psychische Wohlbefinden und die zwischenmenschlichen Beziehungen sowohl theoretisch herleiten als auch empirisch belegen», so das Fazit von Karin Clemann. Die Autorin zeigt in ihrer Arbeit unter anderem auf, wie wichtig z. B. die ästhetischen Merkmale einer Landschaft sind. Diese animieren zu Bewegung, fördern die Erholung und tragen zur Identitätsfindung und Ortsbindung bei. Alle diese Faktoren haben positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. «Landschaftsräume fördern die Konzentrationsfähigkeit und reduzieren Stress, wenn sie natürliche Elemente, wie z. B. Bäume, Sträucher oder Gewässer enthalten», so die Autorin. Sie erläutert allerdings ebenfalls, dass die Wahrnehmung von Landschaften auch subjektiv geprägt ist und darum die Gestaltung der Landschaft unter Einbezug der Bevölkerung vor Ort geplant und umgesetzt werden sollte.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Hier setzt die Autorin mit ihren Empfehlungen für die Praxis an: Die diversen Akteure und Akteurinnen, die im Bereich von Landschaftsplanung (z. B. Kantone, Bund, Bundesämter und Gemeinden) und Gesundheitsförderung (z. B. Bundesamt für Gesundheit, Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz, Kantone und Gemeinden) agieren, müssten besser für das Thema sensibilisiert und miteinander vernetzt werden. Karin Clemann erwähnt: «Aktuelle Themen wie Klimawandel, demografischer Wandel, Zersiedelung oder Verdichtung zeigen die Aktualität und Bedeutung einer Verbindung der beiden Konzepte Landschaft und Gesundheit. Die Grundsätze der Gesundheitsförderung mit ihren Handlungsstrategien und -ebenen eignen sich, um auch im Gebiet der Raumplanung und nachhaltigen Entwicklung angewandt zu werden.» Zudem sollte eben auch die Bevölkerung partizipativ in den Planungsprozess von Alltagslandschaften mit einbezogen werden. Im Rahmen der Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung des Bundes bestehen in der Praxis bereits Beispiele, wo die Vernetzung von Akteuren und Akteurinnen und die Partizipation der Bevölkerung gut gelungen sind. Im Projekt «Region Sursee-Mittelland – Raum für Bewegung, Sport, Gesundheit und Freizeit» wurden – neben der Zusammenarbeit mit den 17 Verbandsgemeinden – z. B. auch die Jugendlichen und Senioren und Seniorinnen der Region zu ihrem Freizeitverhalten befragt. Mithilfe der Rückmeldungen haben die Verantwortlichen die Vision 2035 erstellt. Sie beinhaltet beispielsweise, dass Fuss- und Radwege attraktiv und sicher sind, oder die Gemeinden in den Siedlungsräumen Grün- und Wasserflächen aufwerten, gestalten und zugänglich machen und so die Gesundheit der Bevölkerung fördern.
Zur Master-Arbeit MAS Prävention und Gesundheitsförderung: «Landschaft als Gesundheitsressource» (DOI: 10.5281/zenodo.2549410)