Aufzeichnung: Flavia Dubach
«An der Sozialen Arbeit fasziniert mich vor allem die Frage, was die Gesellschaft dazu beitragen kann, damit auch Personen in einer herausfordernden Lebenssituation ein gelingendes Leben führen können. Diese Frage zu beantworten, ist eine der Hauptaufgaben des Kantonalen Sozialamts, das die drei Abteilungen Soziale Einrichtungen, Generationen und Gesellschaft sowie Soziale Dienste Asyl unter einem Dach vereint. Anders als in den meisten anderen Kantonen ist das Asylwesen in Zug ausschliesslich kantonal geregelt – das führt dazu, dass ich mich momentan sehr häufig mit Fragen zum Asylbereich beschäftige. Ich führe zum Beispiel Abklärungen zu möglichen Liegenschaften für Asylzentren durch, regle Konflikte oder reflektiere zusammen mit meinen Mitarbeitenden, was die Aufsichten in den Unterkünften benötigen, um ihre Arbeit gewinnbringend zu erledigen. Da das Thema Asyl auch die Politik stark beschäftigt, bin ich momentan häufig mit Regierungsratsgeschäften betraut.
Mir gefällt es, an der Schnittstelle zwischen Verwaltung und Politik zu arbeiten. Ich muss und darf oft Übersetzungsarbeit leisten: Wenn unsere Fachpersonen sich beispielsweise wünschen, dass auch die Spielgruppen in die familienergänzende Kinderbetreuung mit eingebunden werden und dies gesetzlich verankert wird, bringe ich die Argumente aus der Sozialen Arbeit in die politische Diskussion ein und mache mich für den fachlichen Anspruch stark. Genauso wichtig ist es aber, dass die Fachpersonen es auch akzeptieren, wenn die Politik durch die Argumente nicht überzeugt werden kann und den Antrag ablehnt.
Einen grossen Teil meiner Arbeit macht die Personalführung aus. ‹La diversité culturelle› ist bei 110 Mitarbeitenden sehr gross – dies ist oft eine Herausforderung.
Bei uns arbeiten Personen mit einem Hochschulabschluss. Gleichzeitig beschäftigen wir zum Beispiel im Asylwesen auch Personen ohne schulischen Abschluss. Auch die Arbeitsweisen sind sehr unterschiedlich: Die wissenschaftlichen Mitarbeitenden arbeiten beispielsweise ganz anders als die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter an der Front. Entsprechend sind die Anforderungen an die Mitarbeitenden von Abteilung zu Abteilung unterschiedlich. Gerade im Asylwesen, das enorm komplex ist, empfehlen wir unseren Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen in Sozialer Arbeit aber, nach einiger Zeit in der Praxis ein Master-Studium in Sozialer Arbeit anzuhängen. Wir haben festgestellt, dass der Master eine Fokussierung ermöglicht, die im Bachelor-Studium nicht möglich ist. In unserem herausfordernden Berufsalltag bleibt oft keine Zeit zur Reflexion des Geleisteten – dies ist im Rahmen eines Master-Studiums möglich. Ich merke auch, dass die Master-Absolventinnen und -Absolventen über ein breiteres Methodenwissen sowie einen besseren schriftlichen Ausdruck verfügen, was gerade in einer Verwaltung von grossem Vorteil ist. Ein aktuelles Beispiel ist etwa, dass wir im Behindertenbereich den Auftrag erhielten, eine subjektorientierte Finanzierung anzudenken. Dafür konnten wir eine entsprechend qualifizierte Person mit einem Master-Abschluss anstellen.
Mir ist es sehr wichtig, dass meine Mitarbeitenden voneinander profitieren können. Einerseits fördere ich deshalb den Austausch zwischen den Abteilungen. Andererseits möchte ich zum Beispiel in Zukunft bei den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern Tandems schaffen, wo jeweils eine erfahrene Person mit einer jüngeren zusammenarbeitet. Die Berufseinsteigerinnen und -einsteiger profitieren von der Erfahrung der älteren Fachpersonen, während diese durch die jüngeren Personen andere Perspektiven und neues Fachwissen direkt aus dem Studium erhalten. Solche Themen liegen mir als studierter Arbeits- und Organisationspsychologin besonders am Herzen. Ich sehe unser Sozialamt als soziales System und durchdenke immer wieder, was es braucht, damit die Mitarbeitenden produktiv sein können. Um hier meinen Horizont als Vorgesetzte zu erweitern, besuche ich seit dem September 2017 das CAS Senior Leadership in Social Administrations an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit. Die Weiterbildung zwingt mich dazu, einmal im Monat für zwei Tage aus meinem hektischen Berufsalltag auszutreten, und bietet mir neben neuen Inputs für meine tägliche Arbeit die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Führungspersonen in ähnlichen Positionen.
Obwohl ich nicht während meiner ganzen beruflichen Karriere im Bereich der Sozialen Arbeit tätig war, hat sie mich doch immer begleitet. So habe ich mich beispielsweise in meiner Tätigkeit als Generalsekretärin des Verbands Filmregie und Drehbuch Schweiz für die Soziale Sicherheit der Kulturschaffenden eingesetzt und war nach meinem Engagement im Verfassungsrat des Kantons Zürich von 2006 bis 2010 als Gemeinderätin der Stadt Zürich für die Spezialkommission Sozialdepartement zuständig. Dass ich neben meiner beruflichen Karriere und meinem politischen Engagement auch noch eine unterdessen 14-jährige Tochter zusammen mit meinem Mann grossziehe, verdanke ich vor allem meinem Partner. Er übernimmt einen Grossteil der Betreuungsarbeit, zudem wohnt seine Schwester im gleichen Haus und hilft oft aus – ohne diese Unterstützung wäre es nicht möglich, meinen Weg zu gehen.»
Das Master-Studium in Sozialer Arbeit
Das Master-Studium in Sozialer Arbeit ermöglicht eine optimale Positionierung für anspruchsvolle Aufgaben in Praxis, Forschung sowie Lehre und eröffnet neue berufliche Aussichten. Der «Master in Sozialer Arbeit» wird als Kooperationsmaster gemeinsam von den vier Fachhochschulen Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich angeboten. Neben den Basismodulen bietet jeder Standort eine eigene Vertiefungsrichtung an, die dem jeweiligen Forschungsschwerpunkt des Standorts entspricht.
Weitere Informationen: www.hslu.ch/master-sozialearbeit