«Ich mag Menschen – ich glaube, das ist für einen Soziokulturellen Animator oder eine Soziokulturelle Animatorin essenziell. Man muss offen und neugierig sein, denn von jedem Menschen, den man trifft, kann man auch viel für sich selber lernen.
Diese Haltung vertrete ich auch in meinem Berufsalltag. Beim Zürcher Jugendrotkreuz absolviere ich neben meinem Teilzeit-Studium in Soziokultureller Animation an der Hochschule Luzern mein einjähriges Praktikum. Mir gefällt es, dass ich hier die Möglichkeit habe, mich kreativ einzubringen. Ich bin für mehrere Aktivitäten des Jugendrotkreuzes im Asylbereich zuständig. Meine Aufgabe besteht vor allem darin, gemeinsam mit den über 240 Freiwilligen, die sich im Jugendrotkreuz engagieren, verschiedene Projekte zu konzeptionieren und zu koordinieren. Bei der Durchführung der Aktivitäten sind die Freiwilligen dann im Lead. Natürlich unterstütze ich sie anfangs, sobald ich aber sehe, dass es funktioniert, ziehe ich mich so weit wie möglich zurück und agiere nur noch begleitend. In dieser Funktion sorge ich zum Beispiel dafür, dass der Kontakt zu Partnerorganisationen besteht, oder ich bin Ansprechperson bei Problemen.
Eine der Aktivitäten ist ‹Discover Zürich›: Jeden zweiten Samstag zeigen Freiwillige Asylsuchenden eines Durchgangszentrums in Zürich verschiedene Quartiere oder Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wichtig ist dabei vor allem, dass sich die unterschiedlichen Kulturen begegnen. Die Asylsuchenden lernen zum Beispiel, wie sie einen Billettautomaten der SBB bedienen oder wie sie in einer Bibliothek Bücher ausleihen. Die Freiwilligen erfahren etwas über andere Kulturen und fremde Länder oder lernen, sich auch ohne gemeinsame Sprache zu verständigen. So profitieren beide Seiten und der Austausch erfolgt auf Augenhöhe.
An meiner Arbeit schätze ich sehr, dass der Zugang ressourcen- und nicht problemorientiert ist. Das bedeutet, dass wir uns mit den Stärken der Menschen beschäftigen und nicht mit ihren Schwächen. Vor allem bei der Arbeit mit Asylsuchenden gibt es auch tragische Geschichten. Ich versuche aber, hinter den Schicksalen die Ressourcen der Menschen zu sehen, denn diese sind immer vorhanden.
Viele unserer Tätigkeiten haben präventiven Charakter. Dies macht es zum Teil schwierig, unsere Arbeit zu legitimieren, weil eine direkte Wirkung nicht immer nachweisbar ist. Trotzdem kann ich nach zwei Jahren Studium sagen, dass die Soziokulturelle Animation das richtige Berufsfeld für mich ist. Ursprünglich wollte ich nach meiner Lehre als Zimmermann Architektur studieren. Während meines Zwischenjahres, in dem ich Zivildienst in einem Asylzentrum leistete und in einem Waisenhaus in Uganda arbeitete, merkte ich jedoch, dass ich etwas mit Menschen machen wollte. Für die Soziokulturelle Animation habe ich mich schliesslich entschieden, weil sie viele meiner Interessen kombiniert. Ich kann mich handwerklich, musikalisch, sozial und vor allem kreativ betätigen.
Mein Studium an der Hochschule Luzern erlebe ich als sehr gewinnbringend. Die Studierenden profitieren von unglaublich vielen Praxiserfahrungen sowohl von den Dozierenden als auch von den Mitstudierenden. Es herrscht eine gute Mischung zwischen Theorie und Praxis. Ich schätze es, mich mit den Dozierenden auszutauschen. Der Dialog erfolgt auf Augenhöhe, und die Studierenden werden als Partnerinnen und Partner wahrgenommen.
Ein grosser Vorteil ist für mich, dass ich Teilzeit studieren kann, denn ich bin auch in meiner Freizeit in verschiedenen Projekten engagiert. So habe ich mit zwei Kollegen aus der Schweiz und fünf Freunden aus Uganda den Verein YAEP! (Young Artist Exchange Project) gegründet. Dieser hat zum Ziel, die Kulturen zusammenzubringen. In unserem Fall geschieht dies vor allem über die Musik. Wir haben zum Beispiel ein Album aufgenommen und gingen damit für sechs Wochen in der Schweiz und in Deutschland auf Tournee. Weiter haben wir an Schulen Workshops angeboten. In diesen nutzten wir Breakdance, Beatbox, Rap und Graffiti als Medien, um den interkulturellen Austausch zu fördern. Auch wir selbst haben in diesen Workshops viel gelernt. Es war spannend, wie die beiden Kulturen zusammengearbeitet haben: Wir Schweizer haben alles organisiert und dafür gesorgt, dass wir pünktlich am richtigen Ort waren. Unsere Freunde aus Uganda brachten die Inhalte und die Kreativität in die Workshops.»
Dieser Artikel ist in der Publikation «Soziale Arbeit», Ausgabe Februar 2016, erschienen.