Insgesamt haben die Forscherinnen und Forscher der Hochschule Luzern im letzten Jahr 403 Forschungsprojekte lanciert. 94 davon wurden von der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse oder vom Schweizerischen Nationalfonds SNF mitfinanziert.
Viktor Sigrist, worauf lag 2021 im Bereich Forschung & Entwicklung der Fokus?
Das Thema Corona hat auch die Forschung & Entwicklung bestimmt. Es ging vor allem darum, uns für Antragstellungen neu zu sortieren, neue Kontakte zu Förderinstitutionen herzustellen und auch darum, Lehren aus dieser Situation zu ziehen: Wir haben festgestellt, dass die HSLU stark abhängig ist von wenigen Fördergefässen und von den Möglichkeiten der regionalen Wirtschaft. Wir wollen uns dahingehend diverser aufstellen, mehr europäische Projekte initiieren und uns international besser vernetzen.
Welche Forschungsprojekte hatten für die HSLU 2021 die grosse Bedeutung?
Geht man vom Volumen und von der Beachtung in der Öffentlichkeit aus, war das Heat4Cool-Projekt zum Beispiel sehr wichtig. Ein europäisches Forschungsprojekt, das der Frage nachging, welche Renovationsmassnahmen den Gebäudepark in Europa am effizientesten energiesparsamer machen. Dazu haben wir ein Optimierungstool entwickelt, mit dessen Hilfe die einzelnen Gebäudeeigentümer die optimalen Massnahmen zur Effizienzsteigerung finden.
Auch die Langzeit- und Begleitstudie BESTandermatt fand viel Beachtung:
Das Unternehmen «Andermatt Swiss Alps» erbaute in Andermatt ein Tourismusresort. Ein Projektteam der Hochschule Luzern hat im Zeitraum von 2009 bis 2020 in vier Teilstudien die soziokulturellen und sozioökonomischen
Auswirkungen des Resorts untersucht. Ebenso war das Post-Photography-Projekt von grosser Tragweite: In Zusammenführung zweier unabhängig voneinander beantragter Projekte erforschte ein internationales Team die Verschiebungen, die sich aus den veränderten Rahmenbedingungen fotografischer Arbeit und fotografiebezogener Theoriebildung ergeben. Alltagskulturelle, kuratorische, künstlerische und medienwissenschaftliche Aspekte wurden dabei miteinander verschränkt.
Welche strategischen Massnahmen haben Sie getroffen, um den Leistungsbereich Forschung & Entwicklung weiter zu stärken?
Neben der bereits genannten Förderung der Diversität schauen wir auf die Dinge, die jedes Jahr wichtig sind: Wir schärfen unsere Forschungsschwerpunkte, wir bündeln wo möglich über die Departementsgrenzen hinweg unsere Kräfte und erweitern und vertiefen unsere Forschungskompetenzen. Es ist wichtig, uns in Forschungsfeldern zu profilieren, in denen wir als Hochschule einen Beitrag leisten und glaubwürdig auftreten können. Dann möchten wir das internationale Wirken der HSLU ausbauen. Wir fördern internationale Aktivitäten in den Departementen, etwa bei der Antragstellung, beim Publizieren und wir fördern Kongressauftritte mit internationaler Ausstrahlung. Darüber hinaus bauen wir die PhD-Angebote aus. Als Fachhochschule haben wir zwar kein Promotionsrecht, aber wir arbeiten verstärkt daran, Doktorierende zu betreuen und universitäre Kooperationen auszubauen.
Die Schweiz ist bis auf Weiteres nicht mehr Teil des Europäischen Forschungsrahmenprogrammes Horizon Europe. Was bedeutet das für die Hochschule Luzern?
Für die HSLU ist die internationale Vernetzung – gerade im Bereich Forschung – wichtig. EU-Projekte fördern die internationale Forschungs- und Innovationszusammenarbeit sowie die Netzwerkbildung auf hohem Niveau.
Seit 2016 hat sich die HSLU pro Jahr an bis zu acht EU-Projekten beteiligen können. Das Forschungsvolumen der HSLU beträgt rund 60 Millionen Franken; über 60 Prozent davon sind eingeworbene Mittel, und der Hauptanteil davon stammt aus Kooperationen mit Schweizer Unternehmen oder Institutionen. Im EU-Kontext sind wir ein kleinerer Mitspieler. Doch wir müssen die Gesamtperspektive im Auge behalten: Die HSLU ist schweizweit eng mit anderen Hochschulen verknüpft; wir brauchen die Assoziierung an europäische Förderprogramme als Gesamtsystem und auch als einzelne Hochschule. Zwar gibt es auf nationaler Ebene Behelfslösungen, bei vielen europäischen Partnern kommt dennoch vor allem die Botschaft an, dass Schweizer Hochschulen keinen Zugang mehr zu EU-Projekten haben. Eine Beteiligung der Schweiz wird fälschlicherweise oft als Risikofaktor für Projekte angesehen. Dass die Wissenschaft so stark mit der Politik verstrickt ist, halte ich für unklug – für die EU, wie für die Schweiz. Vor allem auf politischer Ebene muss rasch eine nachhaltige Lösung gefunden werden.
Welche Bedeutung hat die Digitalisierung in der Forschung?
Die Digitalisierung spielt auf zwei Ebenen eine riesige Rolle. Zum einen ist sie bei zahlreichen Themen in der Informatik, der Data Science oder der Technik Gegenstand der eigenen Forschung. Die Hochschule Luzern hilft mit, die Welt digitaler zu gestalten. Andererseits können wir durch die Möglichkeiten, Daten zu erheben und zu verarbeiten, anders mit der Welt zusammenarbeiten und Themen angehen. Die Digitalisierung ist somit auch ein wichtiges Werkzeug, welches aus der heutigen Forschung nicht mehr wegzudenken ist und das Methodenspektrum kontinuierlich ausweitet.