Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung wohnt in einem Mietverhältnis. Weniger als die Hälfte besitzt ein Eigenheim. Die wichtigsten Wohnaspekte sind zwar (auch) für die meisten Mieterinnen und Mieter gut erfüllt, der Wunsch nach Wohneigentum und hier insbesondere nach einem Einfamilienhaus ist aber weiterhin gross. Er symbolisiert nicht nur finanzielle Sicherheit, sondern auch eine langfristige Investition in die Zukunft. Rund 40 Prozent aller Personen haben grundsätzlich den Wunsch nach einer (neuen) Immobilie, wie eine repräsentative Befragung der Hochschule Luzern (HSLU) im Rahmen der jährlich erscheinenden IFZ Retail Banking-Studie zeigt.
Generationen Y und Z träumen weiterhin vom Einfamilienhaus
Zu unterscheiden sind dabei zwei Hauptgruppen: die «Dreamer» und die «Zweitkäufer». Dreamer suchen ihr erstes Eigenheim und müssen die damit verbundenen, finanziellen Hürden überwinden. Unter ihnen befinden sich vor allem Personen der Generationen Y und Z. Gut die Hälfte der Dreamer strebt primär nach einem Einfamilienhaus. Obwohl die Suche nach dem idealen Zuhause aufgrund steigender Preise und eines begrenzten Angebots herausfordernd ist, bleibt der Wunsch, in einem eigenen Haus zu leben, tief im kollektiven Bewusstsein der Schweizer Bevölkerung verwurzelt. «Zweitkäufer» besitzen bereits Wohneigentum und suchen ein neues Objekt, das veränderten Lebensbedürfnissen besser entspricht. Hier sind die Babyboomer stärker vertreten.
Realisierung zunehmend komplex
Fehlende Eigenmittel und zu wenig Einkommen stellen für die Mehrheit der Dreamer die grössten Hindernisse dar. Im Gegensatz dazu sind bei den Zweitkäufern die Herausforderungen stärker objektbezogen: 60 Prozent berichten von Schwierigkeiten, ein geeignetes Objekt zu finden, sei es wegen einer ungünstigen Lage oder weil es schlichtweg keine passenden Immobilien gibt. Nur bei rund einem Viertel sind es finanzielle Hürden. «Dies deutet darauf hin, dass die aktuellen Immobilienbesitzer oft zögern, ihre Immobilien zu verkaufen. Nicht, weil sie nicht verkaufen möchten, sondern weil sie keine adäquate Anschlusslösung finden können», sagt Studienleiter Prof. Dr. Andreas Dietrich.
Beiden Gruppen ist bewusst, dass die Suche und auch die Finanzierung zunehmend komplex werden, was zu gedämpften Erwartungen führt. Über die Hälfte der Eigenheim-Suchenden sehen persönliche Empfehlungen und den Zufall als beste Wege zur Erfüllung ihres Wohntraums.
Hypothek: Zinsen wichtig – doch kaum einer vergleicht sie
Die Umfrage zeigt ausserdem, dass fast 82 Prozent der Schweizer Eigenheimbesitzer nach wie vor eine Hypothek auf ihre Immobilie haben und diese noch nicht vollständig zurückbezahlt ist. Für die meisten Befragten (86 Prozent) ist ein tiefer Zinssatz ein wichtiger Faktor bei der Wahl des Hypothekaranbieters sei. Jedoch stellen viele Hypothekarkunden gar keine umfassenden Zinsvergleiche an: Für eine Neufinanzierung holt jeder Dritte nur eine einzige Offerte ein. Bei einer Verlängerung sogar jeder Zweite. Mit mangelndem Bewusstsein habe dies gemäss Andreas Dietrich aber weniger zu tun. Vielmehr sei die Wechselbereitschaft bemerkenswert tief: Für 30 Prozent der Kundinnen und Kunden kommt ein Anbieterwechsel, unabhängig von der Höhe der Zinsdifferenz, gar nicht in Frage. «Die Hausbank geniesst in vielen Fällen noch immer grosse Loyalität, besonders wenn ein Wechsel mit zusätzlichen Hürden verbunden ist, sagt Andreas Dietrich.
Jede dritte Person legt nachhaltig an
Seit dem 1. Januar 2024 müssen Schweizer Banken das Interesse ihrer Kundschaft an Nachhaltigkeit bei Anlagen ermitteln. Diese sogenannte «ESG-Präferenz» liegt gemäss einer weiteren repräsentativen Bevölkerungsbefragung der HSLU bei 43 Prozent. Der Anteil nachhaltiger Anlegerinnen und Anleger liegt in der Schweiz aktuell bei 34 Prozent. Die Studie zeigt, dass die persönliche Haltung sowie die wahrgenommene Verhaltenskontrolle (der Glaube daran, durch das eigene Verhalten etwas zu bewirken) und das Wissen zu Nachhaltigkeitsthemen entscheidende Faktoren dafür sind, ob jemand nachhaltig anlegt oder nicht. Auffällig ist aber, dass selbst Personen mit hohem Nachhaltigkeits-Interesse zentrale Konzepte wie «ESG» und «SDG» nur wenig bekannt sind.
Die Untersuchungen zeigen zudem, dass Banken den Anteil nachhaltiger Anlegerinnen und Anleger deutlich erhöhen könnten, wenn sie der Kundschaft nur noch nachhaltige Anlagevorschläge (mit Möglichkeit eines «Opt-Outs») anbieten würden. Damit liesse sich der Anteil Personen, welche teilweise nachhaltig investieren, um fünf Prozentpunkte erhöhen. Der Anteil Personen, welche ausschliesslich nachhaltig investieren, läge sogar um 15 Prozentpunkte höher. Der Finanzsektor kann somit eine bedeutende Rolle bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsziele spielen.
Retailbanken: steigende Zinsmargen, höhere Gewinne und verbesserte Effizienz
Die HSLU untersuchte auch dieses Jahr die Bilanz- und Erfolgsrechnungen aller Schweizer Retailbanken. Basierend auf neun Kennzahlen zeigt die Studie, welche die aus finanzieller Sicht «beste» Retailbank ist (siehe Tabellen im Anhang). Insgesamt ist die finanzielle Verfassung der Schweizer Retailbanken sehr gut. Insbesondere das gestiegene Zinsniveau hat sich in den Geschäftsabschlüssen per Ende 2023 sehr positiv ausgewirkt. Die Zinsmarge stieg von 1.15 auf 1.31 Prozent, wodurch ein achtjähriger Rückgang in einem Jahr wieder wettgemacht wurde. Die Profitabilität (Return on Assets) hat sich um 9 Basispunkte auf 0.49 Prozent erhöht und die Cost/Income Ratio, welche den Geschäftsaufwand dem Geschäftsertrag gegenüberstellt, sank um 4.72 Prozentpunkte auf nun noch 52.82 Prozent.
Abbildung 1: Kennzahlen der besten Banken, 2019 – 2023 (Zum Vergrössern klicken)
Das HSLU-Ranking der besten Retailbanken in der Schweiz zeigt: Insbesondere kleine Banken weisen sehr gute Werte auf. Jedoch gelingt auch drei Kantonalbanken der Sprung unter die besten 15 Plätze. Um das Ranking zu ermitteln, hat das HSLU-Forschungsteam die Jahresabschlüsse von 2019 bis 2023 von 91 Instituten analysiert.
Abbildung 2: Die besten Banken nach Grössenklassen (Bilanzsummen), 2019 – 2023 (Zum Vergrössern klicken)
Bei den Retailbanken mit einer Bilanzsumme ab drei Milliarden Franken oder höher schneiden die Kantonalbanken besonders gut ab.
IFZ Retail Banking Studie 2024
Seit 2012 untersucht das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern jährlich das Kerngeschäft der inländisch-orientierten Banken. Die 260-seitige «IFZ Retail Banking Studie 2024» kann unter ifz@hslu.ch für 290 Franken bestellt werden. Weitere Informationen unter: hslu.ch/retailbanking