FinTech in der Schweiz: Wachstum trotz Gegenwind
Die Schweizer FinTech-Branche ist auch 2023 gewachsen, insbesondere im Bereich der nachhaltigen FinTech-Unternehmen. Mit rückläufigen Finanzierungsaktivitäten und abnehmender Standortattraktivität zeigen sich aber auch gewisse Abkühlungstendenzen. Zu diesem Schluss kommt die neuste FinTech-Studie der Hochschule Luzern.
Noch nie gab es mehr aktive Unternehmen im Schweizer FinTech-Sektor. 483 Unternehmen waren es Ende 2023 total. Das sind rund elf Prozent mehr als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2015 hat sich die Grösse des Sektors sogar verdreifacht, wie die neuste FinTech-Studie der Hochschule Luzern (HSLU) zeigt (Abbildung 1). Erstmals wurde in der Studie auch Liechtenstein berücksichtigt: 22 FinTech-Unternehmen sind im Fürstentum beheimatet.
Abbildung 1: Übersicht über den Schweizer und Liechtensteiner FinTech-Sektor (Zum Vergrössern klicken)
Die Anzahl FinTech-Unternehmen in der Schweiz hat auch 2023 wieder zugenommen. Gegenüber dem Vorjahr betrug das Wachstum rund elf Prozent. Besonders stark gewachsen ist die Anzahl FinTech-Unternehmen mit einem strategischen Fokus auf Nachhaltigkeit. Sie machen rund einen Zehntel aller FinTech-Unternehmen in der Schweiz aus.
Besonders gross war das Wachstum bei FinTech-Unternehmen, die einen strategischen Fokus auf Nachhaltigkeit setzen. Sie machen rund zehn Prozent aller Schweizer FinTech-Unternehmen aus. Ihre Anzahl hat sich 2023 um rund 50 Prozent erhöht. «Das Wachstum bei ‘Sustainable FinTech’-Unternehmen ist stärker als bei den übrigen FinTech-Unternehmen», sagt Studienleiter Prof. Dr. Thomas Ankenbrand. Das Interesse der Anlegenden an nachhaltigen Investitionsmöglichkeiten sei hoch. Die Verpflichtung der Banken, bei Privatinvestoren die Nachhaltigkeitspräferenzen abzufragen, begünstige dieses Wachstum zusätzlich, so der HSLU-Dozent.
Standortattraktivität: Schweiz erhält mehr Konkurrenz
Gemäss Ankenbrand gäbe es aber auch Abkühlungstendenzen: Stockholm hat Zürich und Genf im Ranking der attraktivsten Standorte für FinTech-Unternehmen überholt und von den Plätzen zwei und drei verdrängt. Zudem haben andere Städte wie Amsterdam aufgeschlossen (Abbildung 2). Zürich und Genf haben also relativ an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Der Studienleiter ordnet ein: «Die Platzierungen auf Rang drei und vier belegen, dass die Rahmenbedingungen für FinTech in der Schweiz weiterhin gut sind.» Die in der Studie getätigte Auswertung würde aber auch zeigen, dass sich führende, internationale FinTech-Standorte im letzten Jahr an die Attraktivität der Schweiz angenähert haben. Mit grossem Vorsprung wird die Rangliste unverändert von Singapur angeführt.
Abbildung 2: FinTech Hub Ranking (Zum Vergrössern klicken)
Mit Zürich und Genf ist die Schweiz nach wie vor ein attraktiver Standort für FinTech-Unternehmen, erhält aber zunehmend Konkurrenz: Stockholm hat Zürich und Genf von den Plätzen zwei und drei verdrängt und Städte wie Amsterdam haben aufgeholt.
Rückläufige Finanzierungsaktivitäten
Ein weiteres Indiz für eine Abkühlungstendenz sind die Venture Capital Aktivitäten. Die Finanzierung von FinTech-Unternehmen hat 2023 abgenommen, sowohl im Volumen als auch in der Anzahl Transaktionen. Insgesamt 457 Millionen Schweizer Franken flossen in 68 Finanzierungsrunden in den Schweizer FinTech-Sektor (Abbildung 3). Im Vorjahr waren es 605 Millionen Schweizer Franken in 84 Finanzierungsrunden. Das Finanzierungsvolumen ist also um rund einen Viertel zurückgegangen. Ob dieser Rückgang eine strukturelle Verlangsamung sei oder durch einen vorübergehenden Zinseffekt getrieben werde, könne man gemäss dem Studienleiter aber erst in den nächsten Jahren sagen.
Abbildung 3: Venture Capital Aktivität im Schweizer FinTech-Sektor (Zum Vergrössern klicken)
Weniger Finanzierungsrunden und tieferes Investitionsvolumen: Obwohl der FinTech-Sektor 2023 gewachsen ist, zeigt sich bei den Finanzierungsaktivitäten eine Abkühlungstendenz. Ob dieser Rückgang eine strukturelle Verlangsamung ist oder durch einen vorübergehenden Zinseffekt getrieben wird, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.
KI: Grosses Potential für den FinTech-Sektor
«Obwohl FinTech sich von einem Nischenmarkt zu einem bedeutenden Innovations-Anbieter für traditionelle Finanzdienstleister entwickelt hat, ist das Potential zur Optimierung der Finanzwertschöpfungskette noch nicht ausgeschöpft», sagt Ankenbrand. Lösungen für die nahtlose Integration von Finanzdienstleistungen in verschiedene Anwendungsbereiche («Embedded Finance») wurden vereinzelt implementiert.
Grosses Potential für den Finanzsektor sieht der HSLU-Dozent im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Eine dynamische Anpassung an neue technologische Entwicklungen brächte dem Standort Schweiz und dem lokalen FinTech-Sektor Vorteile.
Was ist FinTech?
FinTech ist die Abkürzung für Finanztechnologie und umschreibt technologiebasierte Lösungen für innovative digitale Produkte, Dienstleistungen und Prozesse in der Finanzbranche. FinTech-Lösungen verbessern, ergänzen oder ersetzen bestehende Finanzdienstleistungen. Beispiele für FinTech-Lösungen sind mobile Bezahl- und Vorsorge-Apps, Robo-Advisors oder auch Börsen für Crypto-Assets.
IFZ FinTech-Studie 2024
Die Hochschule Luzern publiziert jedes Jahr die «IFZ FinTech Study». Die Studie bietet bereits zum neunten Mal eine umfassende Übersicht zum Schweizer FinTech-Sektor. Die Studie wurde durch die Unterstützung von e.foresight, Finnova, Inventx, SIX, Swiss Bankers Prepaid Services, Swiss Fintech Innovations und der Zürcher Kantonalbank ermöglicht.
Die Studie können Sie per Mail an ifz@hslu.ch bestellen.