Nach einem Rückgang von rund fünf Prozent im Jahr 2021 schlug die Entwicklung des Schweizer FinTech-Sektors wieder die gewohnte Richtung ein. Ende 2022 zählte der Sektor insgesamt 437 Unternehmen, was einem Anstieg von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht (siehe Abbildung 1). Das grösste Wachstum verzeichneten die Produktbereiche Investment Management und Bankinfrastruktur – nicht überraschend finden sich dort auch insgesamt die meisten FinTech-Unternehmen. Einen Trend zur Nachhaltigkeit lässt sich im FinTech-Markt ebenfalls feststellen: Per Ende 2022 setzten 7.3 Prozent aller Schweizer FinTech-Unternehmen strategisch auf nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Der Schwerpunkt dieser Unternehmen liegt auf Lösungen zur Unterstützung von Daten und analytischen Erkenntnissen für Nachhaltigkeitsbewertungen im Finanzsektor, gefolgt von so genannten grünen FinTech-Unternehmen, von denen sich die meisten auf die Bekämpfung des Klimawandels ausrichten.
Die Anzahl Schweizer FinTech-Unternehmen ist nach einem leichten Rückgang im Vorjahr im Jahr 2022 wieder gestiegen. Per Ende 2022 beheimatete die Schweiz 437 FinTech-Unternehmen, was einem Anstieg von 53 Unternehmen entspricht. (Abbildung 1: Übersicht über den Schweizer FinTech-Sektor; zum Vergrössern klicken)
Beste Rahmenbedingungen in Singapur, gefolgt von Zürich und Genf
Seit dem ersten FinTech-Hub-Ranking im Jahr 2017 weist Singapur die besten Bedingungen für FinTech-Unternehmen auf (siehe Abbildung 2). Dieser Vorsprung wurde 2022 weiter ausgebaut. Die beiden Schweizer Städte Zürich und Genf bilden zusammen mit Stockholm die erste Verfolgergruppe, jedoch mit markantem Abstand zum Spitzenreiter aus Südostasien. Zudem zeigt sich ein direkter Zusammenhang zwischen den an einem Standort geltenden Rahmenbedingungen und der Grösse seines lokalen FinTech-Sektors –selbst, wenn dieser um länderspezifische Effekte korrigiert wird. Risikokapital und Joint-Venture-Aktivitäten korrelieren am stärksten mit der Grösse eines FinTech-Sektors, was aufzeigt, dass das Umfeld für Investitionen und Kooperationen eine wichtige Rolle einnimmt.
Singapur weist mit deutlichem Abstand die besten Rahmenbedingungen für FinTech Unternehmen auf. Zürich und Genf belegen die Plätze zwei und drei. (Abbildung 2: FinTech Hub Ranking; zum Vergrössern klicken)
Schweiz entgeht dem Abwärtstrend
Während die Finanzierungsaktivitäten im FinTech-Sektor im vergangenen Jahr weltweit rückläufig waren und die Mengen an Risikokapital, Token-Verkäufen, Übernahmen und Börsengängen zurückgingen, zeigt die Schweiz eine vergleichsweise positivere und stabilere Entwicklung. 2022 wurden insgesamt 84 Finanzierungsrunden von Schweizer FinTech-Unternehmen gezählt. Dies entspricht einem Gesamtvolumen von 605 Millionen Franken (siehe Abbildung 3). Im Jahresvergleich bedeutet dies, dass die Anzahl der Finanzierungsrunden im Jahr 2022 zwar leicht abgenommen hat, die investierten Summen aber um 36 Prozent gestiegen sind. Die Studie zeigt aber auch die Herausforderungen: «Obwohl sich die Schweiz dem globalen Abwärtstrend weitgehend entziehen konnte, wurde auch hierzulande der Zugang zu finanziellen Mitteln für FinTech Unternehmen im Durchschnitt schwieriger» sagt Studienleiter Thomas Ankenbrand.
Die Risikokapitalaktivität im Schweizer FinTech-Sektor zeigt eine stabile Entwicklung. Trotz leichtem Rückgang bei der Anzahl Finanzierungsrunden stieg das Gesamtvolumen auf 605 Millionen Franken. Das entspricht einem Anstieg von 59 Millionen Franken gegenüber dem Jahr 2021. (Abbildung 3: Venture-Capital-Aktivität im Schweizer FinTech Sektor; zum Vergrössern klicken)
Schweizer Banken werden digitaler
2022 haben viele Schweizer Banken auch ihre IT-Ressourcen aufgestockt, wie eine im Rahmen der Studie durchgeführte Umfrage zeigt. Diese Ressourcen werden vermehrt in die Transformation des Bankgeschäfts, also beispielsweise der Digitalisierung von Geschäftsprozessen, und weniger in den reinen Unterhalt des Tagesgeschäfts investiert. Diese Entwicklungen deuten auf eine zunehmende Innovation in der sonst eher traditionellen Schweizer Finanzbranche hin. In Bezug auf Data Science bei Schweizer Banken zeigt sich, dass die entsprechenden Teamgrössen und die verwendeten Tools, Anbieter und Programmiersprachen unterschiedlich sind. Der häufigste Anwendungsfall ist derzeit die Betrugserkennung.
Open Finance: eher eine Evolution als eine Revolution
In Zusammenhang mit Open Finance – dem gesicherten Austausch von Finanzdaten zwischen der Bank und vertrauenswürdigen Drittanbietern – gab es in der Schweiz verschiedene Entwicklungen. Dazu zählen etwa Unterstützungsinitiativen und neue Plattformlösungen. «Die Schweizer Finanzinfrastruktur ist insbesondere hinsichtlich des Zahlungsverkehrs und des Handels bereits sehr gut entwickelt», so Ankenbrand. «Für Anbieter von Open Finance Plattformen sei es deshalb entscheidend, Produkte zu entwickeln, welche sich gut in die bestehende Infrastruktur integrieren liessen.»
Was ist FinTech?
FinTech ist die Abkürzung für Finanztechnologie und umschreibt technologiebasierte Lösungen für innovative digitale Produkte, Dienstleistungen und Prozesse in der Finanzbranche. FinTech-Lösungen verbessern, ergänzen oder ersetzen bestehende Finanzdienstleistungen. Beispiele für FinTech-Lösungen sind mobile Bezahl-Apps, Robo-Advisors oder auch Börsen für Crypto Assets.
IFZ FinTech Study 2023
Die Hochschule Luzern publiziert jedes Jahr die «IFZ FinTech Study». Die Studie bietet bereits zum siebten Mal eine umfassende Übersicht zum Schweizer FinTech-Sektor. Die Studie können Sie per Mail an ifz@hslu.ch bestellen.