Bereits zum zehnten Mal untersucht die IFZ Retail-Banking-Studie der Hochschule Luzern das Kerngeschäft der inländisch-orientierten Banken. Die Jubiläumsausgabe der Studie analysiert die Zufriedenheit von Bankkundinnen und -kunden. Sie zeigt zudem auf, welche Banken aus Sicht der Finanzkennzahlen die besten im Lande sind und wie es um die Corporate Governance der Retailbanken steht.
Nur eine von fünf Personen würde ihre Bank weiterempfehlen
Im Rahmen der IFZ Retail-Banking-Studie wurden 78 Geschäftsleitungsmitglieder von Schweizer Banken sowie 694 Bankkundinnen und -kunden zur Zufriedenheit mit den Produkten und Dienstleistungen befragt. Insgesamt sind die Kundinnen und Kunden sehr zufrieden mit ihren Hausbanken und die Wechselbereitschaft ist tief. Nur etwas mehr als ein Prozent plant, die Hauptbankbeziehung zu wechseln. Gleichzeitig würden aber lediglich 18 Prozent der Bankkundinnen und -kunden «ihre» Bank Freundinnen und Freunden weiterempfehlen. Andreas Dietrich, Professor für Banking and Finance an der Hochschule Luzern, sagt dazu: «Die Banken liefern in guter Qualität. Begeisterungs- und Empfehlungsfaktoren, welche die Basis für eine Weiterempfehlung sind, fehlen aber fast gänzlich.»
Die Kundinnen und Kunden sind insgesamt zufrieden mit ihren Hausbanken – besonders gut schneiden bei der Zufriedenheitsbefragung die Gross- und Kantonalbanken ab. (Abbildung 1: Gesamtzufriedenheit nach Bankengruppen; 1 = sehr unzufrieden, 10 = sehr zufrieden; zum Vergrössern klicken)
Preis vor Service: Neobanken gewinnen Kundinnen und Kunden
Die Studie identifiziert also einen grossen Anteil von zufriedenen Kundinnen und Kunden, die aber keine starke Bindung zur Hauptbank haben. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass neue Marktteilnehmer im Finanzsektor – sogenannte Neobanken – mit kostengünstigen Angeboten auch in der Schweiz in kurzer Zeit sehr viele Neukundinnen und -kunden gewinnen konnten. «Passiv zufriedene Kundinnen und Kunden sind oftmals preissensitiv und entsprechend offen für kostengünstige Angebote von Neobanken», so Dietrich. Aktuell bezeichnen lediglich rund ein Prozent der Schweizerinnen und Schweizer eine Neobank als Hauptbank. Das werde sich in den kommenden Jahren ändern, sind sich die Studienautoren sicher.
Ein Grossteil der Kundinnen und Kunden der Schweizer Banken hat nicht unmittelbar vor, die Hauptbank zu wechseln, ist aber offen für interessante Angebote. (Abbildung 2: Wechselbereitschaft der Bankkundinnen und Bankkunden; zum Vergrössern klicken)
Wer ist die beste Bank im Land?
Die Retail-Banking-Studie untersuchte in diesem Jahr die Jahresabschlüsse von 90 Instituten. Basierend auf neun Kennzahlen wurde die aus Zahlen-Sicht beste Retailbank ermittelt (siehe Download unten).
Aufgrund der grossen Unterschiede zwischen den Banken (zum Beispiel in Bezug auf Grösse oder Produktangebot) wurden die Banken erstmals in Grössenklassen eingeteilt. Dabei schlossen die Caisse d’Epargne d’Aubonne (Bilanzsummen bis 1.5 Milliarden Franken), die Bank EEK (1.5-3.0 Milliarden Franken), sowie die Kantonalbanken aus Nidwalden (3-12 Milliarden Franken), Schwyz (12-25 Milliarden Franken) und Graubünden (Bilanzsumme über 25 Milliarden Franken) am besten ab. Die Studie enthält auch eine Analyse nach Grossregionen der Schweiz, wobei sich deutliche regionale Unterschiede zeigten. So liegt beispielsweise die durchschnittliche Zinsmarge von Retailbanken in der Zentralschweiz bei 1.01 Prozent – in der Genferseeregion hingegen bei 1.26 Prozent.
Frauenanteil: Steigend in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen
Im letzten Teil der Studie wurde die Corporate Governance von 73 Banken analysiert. Wie sich unter anderem zeigt, ist der Frauenanteil in den Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen nochmals angestiegen.
Die Zahl der Frauen in den Verwaltungsräten nahm innerhalb eines Jahres von 130 auf 132 zu und liegt inzwischen bei 25 Prozent. Bei den neu gewählten VR-Mitgliedern beträgt der Frauenanteil in den letzten sieben Jahren 34 Prozent.
Bei den Geschäftsleitungen nahm die Zahl der Frauen von 28 auf 32 zu. Der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen ist allerdings mit zehn Prozent immer noch viel tiefer als in den Verwaltungsräten.
Der Frauenanteil in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen der Schweizer Banken ist im letzten Jahr leicht gestiegen, befindet sich aber nach wie vor auf einem tiefen Niveau. In den Verwaltungsräten beträgt der Frauenanteil 25 Prozent, in den Geschäftsleitungen sind es zehn Prozent. (Abbildung 3: Geschlechterverteilung VR und GL im Vergleich; zum Vergrössern klicken)
IFZ Retail Banking Studie 2021
Die «IFZ Retail Banking Studie 2021» des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern setzt sechs Schwerpunkte: Der erste Teil der Studie untersucht die Zufriedenheit von Kundinnen und Kunden sowie die Selbsteinschätzung der Banken. Der zweite und dritte Teil der Studie bestehen aus Kurzfassungen der IFZ Sourcing-Studie 2021 sowie einer Studie über den Markt für Fremdkapital-Plattformen (Marketplace Lending). Der vierte Teil untersucht die Kennzahlen der Schweizer Retailbanken. Der fünfte Teil untersucht die Personalplanung und -auswahl in Verwaltungsräten von Schweizer Retailbanken. Der sechste Teil beschäftigt sich mit der Corporate Governance der Schweizer Retailbanken.
Weitere Informationen unter: www.hslu.ch/retailbanking.
Die 220-seitige «IFZ Retail Banking Studie 2021» kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden.