Der Kanton Zug möchte bei der Weiterentwicklung seiner Angebote und Dienstleistungen die Selbst- und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderung stärker fördern. Im Vorfeld der anstehenden Planungsperiode beauftragte das Kantonale Sozialamt die Hochschule Luzern mit einer Erhebung. Zu ihrer aktuellen Situation und den Wünschen in Bezug auf Wohnen, Arbeit und Angebotsentwicklung wurden insgesamt 251 Personen befragt: Jugendliche ab 15 Jahren und erwachsene Menschen mit Behinderung sowie Angehörige.
Mit Unterstützung der Hochschule Luzern beschreitet der Kanton Zug innovative Pfade. Erstmals wurden für eine Angebotsplanung die Erwartungen von Menschen mit Behinderung direkt in Erfahrung gebracht und die Ergebnisse fliessen in die kantonalen Vorarbeiten mit ein. Die Resultate zeigen, dass die meisten der Befragten – unabhängig von der aktuellen Wohnform – zufrieden bis sehr zufrieden mit ihrer Lebenssituation sind. Gleichzeitig wünschen sich zahlreiche Menschen mit Behinderung, die in einer sozialen Einrichtung oder bei Angehörigen leben, zukünftig möglichst selbstständig zu wohnen. So äusserte sich eine befragte Person mit kognitiver Beeinträchtigung, die bei den Eltern lebt, dass es ihr Wunsch sei, mit ihrer Partnerin eine eigene Wohnung zu beziehen. In bestimmten Lebens- und Aufgabenbereichen bräuchte das Paar weiterhin die Unterstützung von Fachpersonen oder Angehörigen, wie die befragte Person erläuterte.
Stärkung der Selbstbestimmung
«Für den Kanton Zug ergibt sich aus der Erhebung ein unmittelbarer Handlungsbedarf», sagt Projektleiter Alan Canonica vom Departement Soziale Arbeit der Hochschule Luzern. Es brauche einen Ausbau bei den individuellen Wohnformen mit ambulanter Unterstützung. «Die Menschen möchten selbstständig leben und einen eigenen Hausschlüssel haben», so Alan Canonica. Dies wäre ein wichtiger Schritt bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die 2014 von der Schweiz ratifiziert wurde. Der darin enthaltene Artikel 19 garantiert eine unabhängige Lebensführung, und Menschen mit Behinderung sollen selber wählen dürfen, wo und mit wem sie leben möchten.
Laut Alan Canonica hat die Befragung schweizweit einen Pioniercharakter: «Der Kanton Zug zeigt damit, dass er gewillt ist, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen und sich bei der zukünftigen Angebotsentwicklung vermehrt am individuellen Bedarf von Menschen mit Behinderung orientieren möchte». Künftig plant der Kanton weitere institutionalisierte Erhebungen zu den Erwartungen und Wünschen von Menschen mit Behinderung. Auf diese Weise soll das Mitspracherecht sichergestellt und dafür gesorgt werden, dass der Kanton Dienstleistungen bereitstellt, für die auch eine entsprechende Nachfrage besteht.
Regierungsrat Andreas Hostettler bekräftigt diesen Willen: «Ich finde es wichtig, dass jeder Mensch die Möglichkeit erhält, sein Leben entsprechend seinen Wünschen und Fähigkeiten in die eigene Hand zu nehmen. Menschen mit Behinderung traut man das oft nicht zu.» Die Ergebnisse der Studie würden zum einen den im Kanton Zug eingeschlagenen Weg bestätigen, zum anderen den Wunsch nach mehr Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung klar aufzeigen. Mit der nun in Entwicklung befindlichen Angebotsplanung für die Periode 2020 bis 2022 werden daher konkrete ambulante Unterstützungsangebote für individuelles Wohnen verfolgt und das kantonale Projekt «InBeZug» (siehe Kasten) weitergeführt. «Wir brauchen künftig vielfältige und passende Angebote. Darauf reagieren wir jetzt mit der geplanten Revision des Gesetzes über soziale Einrichtungen SEG», so Regierungsrat Andreas Hostettler.
Projekt «InBeZug» des Kantons Zug
Unter dem Motto «Personen statt Pauschalen» schafft das Projekt die Grundlagen für ein besseres kantonales Finanzierungssystem. Die Kantonsfinanzen sollen gezielter und wirkungsvoller eingesetzt werden. Dazu muss das Finanzierungssystem individueller und bedarfsabhängiger ausgestaltet werden. Genau dafür steht der Name InBeZug: «Individuelle und bedarfsabhängige Unterstützung für Zugerinnen und Zuger mit Behinderung». Die Unterstützungsleistungen seitens des Kantons sollen künftig am Bedarf der einzelnen Menschen mit Behinderung orientiert sein. Die Befragung ist ein wichtiges Instrument, um diesen Bedarf zu eruieren. Weitere Informationen: www.zg.ch/inbezug