Ob als Starthilfe für ein Onlinemagazin, ein Unternehmen oder ein Jugendkulturprojekt ─ Crowdfunding setzt sich immer mehr als alternativer Finanzierungskanal durch. Zum vierten Mal publiziert das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern das «Crowdfunding Monitoring Schweiz». Dieses zeigt, dass sich der Schweizer Crowdfunding-Markt 2016 ausserordentlich gesteigert hat: Das Volumen liegt nun bei 128.2 Millionen Franken und hat sich gegenüber dem Vorjahr (27.7 Millionen Franken) um 363 Prozent erhöht. Die Analyse wurde unterstützt von den Schweizer Crowdfunding-Plattformen.
Der hiesige Markt vermag mit den führenden Crowdfunding-Märkten wie den USA, China oder Grossbritannien noch nicht Schritt zu halten. Die Schweiz hat sich aber sowohl in Bezug auf das Gesamtvolumen als auch auf das Volumen pro Kopf den führenden Ländern etwas angenähert. Heute werden in der Schweiz im Durchschnitt 15.50 Franken pro Person investiert. «Auch in Bezug auf die Zahl aktiver Plattformen sowie der Diversität an Angeboten hat der Schweizer Markt im vergangenen Jahr gegenüber den führenden Ländern aufgeholt», sagt Co-Studienautor und Finanzprofessor Andreas Dietrich.
Starkes Volumenwachstum
2016 haben sich die Anzahl Kampagnen und das Volumen in allen fünf Kategorien deutlich erhöht. Dies sind Crowdsupporting, Crowddonating, Crowdinvesting, Crowdlending und Invoice Trading (Details siehe Box). Die grösste Steigerung verzeichnet der Bereich Crowdlending (+597% auf 55.1 Mio. Franken), gefolgt von Crowdinvesting (+453% auf 39.2 Mio. Franken). An dritter Stelle liegt der Bereich Crowdsupporting/Crowddonating (+37% auf 17 Mio. Franken), sowie Invoice Trading (17 Mio. Franken). Zum ersten Mal seit 2012 wurde der Bereich Crowdsupporting/ Crowddonating, in dem es häufig um die Unterstützung kreativer und kultureller Projekte geht, durch die Bereiche Crowdlending und Crowdinvesting, welche eher auf finanzielle Gewinne abzielen, als volumenstärkste Kategorie abgelöst.
Immobilien-Crowdfunding als Wachstumstreiber
«In den Bereichen Crowdlending und Crowdinvesting sind neue Plattformen und Angebote entstanden, die stark zum Wachstum beigetragen haben», sagt Andreas Dietrich. Dazu gehört der Teilmarkt des Real Estate Crowdinvesting, welcher in der Schweiz erst seit 2015 besteht und 2016 bereits ein Volumen von 32.4 Millionen Franken erreicht hat. Mit Real Estate Crowdinvesting können Investoren zu Miteigentümern einer Immobilie werden. Entsprechend hoch fallen auch die vermittelten Kampagnenvolumen aus: «Mit einem durchschnittlichen Volumen von 2.7 Millionen Franken verzeichnen diese Immobilien-Investitionen deutlich höhere Summen, als etwa die Projekte in der Kultur- und Kreativwirtschaft mit durchschnittlich 13’000 Franken», so Dietrich. Ebenso haben sich im Bereich des Crowdlending die Kredite an KMU im 2016 auf 28.1 Millionen Franken vervielfacht (Vorjahr: 0.6 Mio. Franken).
Im Bereich Crowdsupporting und Crowddonating wurden Projekte für insgesamt 17 Millionen Franken vermittelt. Der grösste Teil entfiel auf Projekte aus den Bereichen Technologie und Start-up (5 Mio. Franken), Sport und Gesundheit (2.6 Mio. Franken) sowie Musik und Konzerte (1.9 Mio. Franken).
Familie, Freunde und vermehrt professionelle Investoren
Weiter stellen die Studienautoren fest, dass Crowdfunding neben Familien und Freunden vermehrt auch das Interesse von professionellen Investoren weckt: «Wir erwarten, dass sich zunehmend auch grössere Unternehmen im Crowdfunding engagieren», sagt Dietrich. Einerseits werden bekannte Unternehmen Crowdfunding als digitalen Sponsoring-Kanal und für Marketing-Zwecke nutzen. Andererseits werden zunehmend professionelle Investoren, wie zum Beispiel Pensionskassen, verschiedene Kredite und Rechnungen finanzieren.
Erneutes Wachstum 2017
Mit den starken Veränderungen im 2016 erwarten die Studienautoren für 2017 ein weiteres Wachstum des Crowdfunding-Markts mit einem Volumen von 300 bis 400 Millionen Franken. «Insbesondere die Anbieter im Bereich Real Estate Crowdinvesting, im Bereich KMU Crowdlending sowie Crowdlending für Hypotheken werden das Volumen überdurchschnittlich steigern», sagt Dietrich. Hohes Wachstum erwartet er auch im Crowdsupporting im Bereich Sport: «Insbesondere Vereine entdecken Crowdfunding vermehrt als Finanzierungsquelle, zum Beispiel für neue Sportgeräte, Hallen- oder Platzrenovationen.»
Das «Crowdfunding Monitoring Schweiz» wird vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern mit Unterstützung der Schweizer Crowdfunding Plattformen jährlich durchgeführt. Folgende Plattformen haben die Studie in Form von Daten unterstützt: 100-days, Advanon, Cashare, c-crowd, CreditGate24, creditworld, Crowdhouse, Crowd4Cash, Foxstone, funders, Gemeinsam unterwegs, GivenGain, Hyposcout AG, I believe in you, I care for you, ideenkicker.ch, investiere, KissKissBankBank, Lend, Lendico, Lendora, letshelp.ch, Lokalhelden, Miteinander erfolgreich, moBOo.ch, Progettiamo, Projektstarter, Raizers, splendit, Swisslending, Swisspeers, Wecan.Fund und wemakeit.
Hier kann die aktuelle Studie kostenlos in Deutsch und Englisch heruntergeladen werden.