Heute Dienstagnachmittag werden in Engelberg 150 Vertreterinnen und Vertreter der Tourismusbranche am Zentralschweizer Tourismustag 2014 der Hochschule Luzern teilnehmen. Im Zentrum der Veranstaltung steht die Gastfreundschaft, insbesondere die Frage, wie man sie am besten umsetzt. Denn die Bedeutung der Gastfreundschaft für den Tourismus ist unbestritten. Key Note Speaker Beat Krippendorf, Dozent für Unternehmensführung und Verwaltungsratspräsident von Swiss Quality Hotels International, macht klar: «Die Kunden werden immer dankbarer für Zuwendung, Spitzen-Service und Qualität». Das Thema Gastfreundschaft geniesst gemäss Tagungsleiter René Zeier in der Zentralschweiz zudem eine umso grössere Aufmerksamkeit, als dass im kommenden Jahr mit dem Gästival die Jubiläumsfeierlichkeiten zu 200 Jahren Tourismus in der Region stattfinden.
Gastfreundschaft aus Sicht der Gäste beurteilt
Als Diskussionsgrundlage dient den Tourismustag-Teilnehmenden die eigene Beurteilung der Gastfreundschaft in der Zentralschweiz. Sie wurden im Vorfeld eingeladen, an einer entsprechenden Umfrage mitzumachen. «Mit dieser Umfrage wollten wir erste differenzierte empirische Erkenntnisse zur Gastfreundschaft aus Anbietersicht gewinnen», sagt Jürg Stettler, Leiter des Instituts für Tourismuswirtschaft ITW der Hochschule Luzern.
Ausgewertet wurden die Antworten von 114 Teilnehmenden. Sie beurteilten – aus Sicht der Gäste – die Wichtigkeit und Zufriedenheit mit der Gastfreundschaft in der Zentralschweiz. Mit einem Durchschnittswert von 4.6 auf einer Skala von 1 (völlig unzufrieden) bis 7 (völlig zufrieden) wird die Zufriedenheit insgesamt nur mittelmässig beurteilt. Die Befragten nennen weiter Freundlichkeit, Herzlichkeit sowie Wertschätzung & Respekt als die wichtigsten Elemente der Gastfreundschaft für die Gäste für ein gelungenes Ferien- oder Freizeiterlebnis. Gleichzeitig geben sie an, dass die Zufriedenheit der Gäste diesbezüglich noch deutlich vergrössert werden sollte.
In Bezug auf die touristischen Angebote orten die Tourismustag-Teilnehmenden vor allem in den Bereichen Taxi, Shopping, Gastronomie und 1- bis 3-Sterne Hotellerie Verbesserungspotenzial. «Die Ergebnisse machen deutlich, dass Gastfreundschaft nicht nur den Kernbereich des Tourismus, sondern die gesamte Servicekette sowie auch die Bevölkerung betrifft», sagt Stettler.
Gastfreundschaft-Charta ausgearbeitet
Ein im vergangenen Jahr angestossenes Forschungsprojekt der Hochschule Luzern hat denn auch zum Ziel, die Gastfreundschaft in der gesamten Zentralschweiz mit ihren touristischen Leistungsträgern (z.B. Bergbahnen, Hotels), weiteren mit dem Tourismus verbundenen Unternehmen (z.B. Taxiunternehmen) sowie der Bevölkerung zu stärken (siehe Box). Die Umfrage der Tourismustag-Teilnehmenden ist Teil des Projektes, das von Jürg Stettler geleitet wird. Das Ergebnis soll zusammen mit noch folgenden Interviews bei Leistungsträgern und der Bevölkerung sowie Befragungen von Gästen ein vertieftes Wissen über die Gastfreundschaft in der Zentralschweiz ermöglichen.
Zudem entwickelt und sammelt das Forschungsteam Instrumente und Hilfsmittel, die zur Sensibilisierung sowie Weiterentwicklung der Gastfreundschaft eingesetzt werden können. Ein paar liegen bereits vor: Der Zentralschweizer Tourismustag ist dabei selbst eines der Instrumente. Er dient als Workshop zur Sensibilisierung sowie als Plattform für den Austausch von individuellen und alltäglichen Erfahrungen zum Thema.
Die Hochschule Luzern hat zudem die «Charta der Gastfreundschaft» entwickelt. Darin heisst es beispielsweise: «Wir wissen, dass es für ein positives Gastfreundschaftserlebnis das Engagement aller Beteiligten braucht.» Auf der Charta abgebildet ist eine grafische Darstellung der Seerose, der schwimmenden Plattform, die das Herzstück von Gästival bildet. Ziel ist es, möglichst viele Personen und Unternehmen in der Zentralschweiz dazu zu bewegen, die Charta zu unterschreiben. Ab diesem Winter ist zusätzlich der «Button der Gastfreundschaft» als Zeichen des Commitments zur Gastfreundschaft-Community erhältlich, – auch ihn ziert die rosa Seerose.
Ein weiteres Instrument ist der sogenannte Mystery-Check: Touristische Betriebe entsenden Mitarbeitende in andere Unternehmen. Dort beobachten diese den Umgang mit den Gästen und geben Bewertungen dafür ab. Dabei geht es in erster Linie um einen Austausch zwischen den Betrieben und um einen Lerneffekt für den Beobachter, dem vor Augen geführt wird, in welchen Bereichen das eigene Unternehmen noch zulegen kann. «Die Idee kam bei unseren Projektpartnern sehr gut an», sagt die stellvertretende Projektleiterin Barbara Taufer.
Die bereits entwickelten und zusammengetragenen Instrumente und Hilfsmittel zur Stärkung der Gastfreundschaft sind auf der Website www.gastfreundschaft-zentralschweiz.ch zugänglich.
Das Gastfreundschaft-Projekt verfolgt hauptsächlich zwei Ziele
Diverse Umfragen haben gezeigt, dass die Schweiz in Bezug auf die Gastfreundschaft aus Sicht der Gäste deutlich schlechter abschneidet als andere Länder (insbesondere Österreich) bei gleichzeitig hohen Preisen. Das Forschungsprojekt «Stärkung der Gastfreundschaft in der Zentralschweiz» der Departemente Wirtschaft, Soziale Arbeit und Design & Kunst der Hochschule Luzern will dem entgegenwirken. Die zwei zentralen Ziele sind die Sensibilisierung der verschiedenen Anspruchsgruppen für die Thematik Gastfreundschaft sowie die Entwicklung konkreter Tools zur Verbesserung und Stärkung der Gastfreundschaft. Damit verbunden ist auch eine umfangreiche qualitative und quantitative Gäste-Befragung.
Das Forschungsprojekt, das von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) des Bundes unterstützt wird, soll den inhaltlichen Kern des Gästivals, der Jubiläumsfeierlichkeiten zu 200 Jahren Tourismus in der Zentralschweiz, bilden. Entwicklungspartner sind zum einen die fünf kantonalen Tourismusorganisationen von Luzern, Schwyz, Uri, Nidwalden und Obwalden, zum anderen pro Kanton ein touristisches Unternehmen: Verkehrshaus der Schweiz (LU), Seminar- und Wellnesshotel Stoos (SZ), Brünig Park (OW), Stanserhorn Bahn AG (NW) und Andermatt-Sedrun Sport AG (UR).