Meist aus Baumwolle, oft weit und bequem: Bis heute ist der Pyjama das beliebteste Schlaf-Outfit. Gross verändert hat er sich seit dem letzten Jahrhundert aber nicht. Eigentlich merkwürdig, erfindet sich doch die Bekleidungsindustrie regelmässig neu. Das dachten sich auch die Schwedin Catarina Dahlin und ihr Partner Andreas Lenzhofer vom St. Galler Start-up Dagsmejan: «Schlaf ist mehr denn je Quelle der Erholung. Wir denken, dass die Nachtwäsche darauf einen positiven Einfluss haben kann.» Als Inspiration diente ihnen die Sporttextilindustrie, die in den letzten Jahrzehnten deutliche Innovationssprünge gemacht hat. «Dort hat sich gezeigt, dass sich neuartige Textilfasern und die Nutzung von Körperkartierungen – sogenannten Bodymaps – positiv auf unseren Komfort und sogar auf unsere Leistungsfähigkeit auswirken», so Catarina Dahlin. Um diese technologische Entwicklung auf den Schlafanzug zu übertragen, spannte Dagsmejan im Rahmen eines KTI-Projektes mit der Empa und den drei Textilforscherinnen Isabel Rosa Müggler, Sara Bosshard und Marie Schumann der Hochschule Luzern zusammen.
Im Zentrum stand die Frage, wie ein Pyjama helfen kann, unsere Körperfunktionen im Schlaf zu unterstützen.
Parallelen zum Sport
«Im Zentrum stand die Frage, wie ein Pyjama helfen kann, unsere Körperfunktionen im Schlaf zu unterstützen, also zum Beispiel die Temperatur zu regulieren oder Feuchtigkeit abzutransportieren», erklärt Isabel Rosa Müggler. Ziel sei es nicht gewesen, das Nachtgewand in ein Sport-Outfit zu verwandeln, betont sie. «Wir müssen uns darin in erster Linie wohlfühlen. Aber wir bewegen uns natürlich nachts viel und schwitzen oder frieren.» Und das könne – neben anderen Faktoren – dazu führen, dass wir unruhig schlafen und uns morgens wie gerädert fühlen.
Darüber, wie sich der schlafende Körper verhält, gibt es bereits aufwendige Untersuchungen, die die Hochschule und die Empa mit eigenen Erkenntnissen ergänzten. Beispielsweise testete das Hochschulteam die Einschlafposition verschiedener Probanden und fragte nach deren Schlafverhalten. Damit sollte unter anderem geprüft werden, welche Zonen eines Textils auf welche Art beansprucht werden. Typischerweise dehnt sich der Stoff an den Knien, Ellenbogen und am oberen Rücken besonders stark, wohin er sich in den Kniekehlen, in der Armbeuge oder am Bauch zusammenfaltet. «Ein solches Wissen ist wichtig für den späteren Designprozess. Zum Beispiel bei Fragen wie: Welche Materialien und Konfektionierungen eignen sich besonders für welche Körperpartien? Wie muss die Silhouette sein und wo werden welche Nähte gesetzt?», so Isabel Rosa Müggler.
Warme Zonen, kühle Zonen
Flexibel muss die moderne Schlafbekleidung auch in Bezug auf unser Temperaturempfinden sein. Hier gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Letztere frieren nicht nur tendenziell öfter, sie schwitzen auch teils an anderen Stellen, zum Beispiel am Brustbein, Männer hingegen eher am Kreuz oder am ganzen Bauch. Dort, wo besonders viel Schweiss entsteht, muss der Stoff in der Lage sein, die Feuchtigkeit schnell abzutransportieren. Wo Wärme nötig ist, beispielsweise an den Schultern und in der Nierenregion, sollte ein Textil den Körper vor Zugluft schützen.
Für Isabel Rosa Müggler ist klar: «All diesen unterschiedlichen Bedürfnissen kann man heute mit sehr angenehm zu tragenden und oftmals natürlichen Materialien, der passenden Verarbeitung und Gestaltung entgegenkommen». Ihre gesammelten Erkenntnisse stellte das Luzerner Team in einem Design-Guide zusammen. Dieser unterstützt das Start-up Dagsmejan nun dabei, eine Pyjama-Produktlinie in drei Varianten – Basic, Cool und Warm – zu entwerfen. Geplant ist, dass diese in ein bis zwei Jahren auf den Markt kommen.
Weitere Informationen gibt es auf der Projekt-Website.
Autorin: Simone Busch
Foto: Dagsmejan / Illustration: Hochschule Luzern