Von der Architektin bis zum Bauingenieur, von der Elektroingenieurin bis zum Innenarchitekten haben alle an der Gebäudeplanung beteiligten Berufsgruppen nicht nur ihr eigenes Fachwissen, sondern auch ihre eigenen Planungswerkzeuge. Dadurch entstehen leicht Doppelspurigkeiten und Koordinationsschwierigkeiten, weil beispielsweise Informationen im Laufe des Planungsprozesses mehrfach eingegeben werden müssen.
Komplexere Ausgangslagen bewältigen
Frank Thesseling ist Leiter der neuen Themenplattform digitalesBauen@T&A des Departements Technik & Architektur der Hochschule Luzern. Er sieht nicht nur grosses Potenzial, sondern auch die Notwendigkeit für Veränderung: «Vorschriften, Normen, aber auch die grosse Produktvielfalt machen das Planen heute komplexer; Planungsteams bestehen aus einer höheren Anzahl Spezialistinnen und Spezialisten. Digitale Modelle vereinfachen die Koordination der interdisziplinären Teams und helfen, die Vielfalt von Daten und Informationen zu strukturieren.»
Wiederholbare Schritte automatisieren
Als Leiter des Innovationsfeldes «BIM & automatisierte Planung» im Verein Innovationspark Zentralschweiz, dem Träger des Innovationsparks in Rotkreuz, sorgt Frank Thesseling auch für den Austausch zwischen Industriepartnern und Hochschule. Gemeinsam entwickeln sie zurzeit unter anderem ein Programm, das bestimmte Planungsaufgaben automatisiert. In einem ersten Schritt soll es ab April zum Beispiel den optimalen Verlauf von Luftschächten und Elektrotrassen in einem geplanten Gebäude berechnen. Dabei kann das Programm die Bauelemente verschiedener Anbieter berücksichtigen. Planerinnen und Planer können so auf einfache Weise verschiedene Möglichkeiten durchspielen.
Für die Zukunft des digitalen Bauens ist dies erst der Anfang: Zukünftig wird der Computer aufgrund von Anforderungskatalogen Grundrisse, Schnitte und Ansichten selber zeichnen können. Mühsame Planerstellung wird entfallen; Architektinnen und Ingenieure können sich dadurch vertiefter um das gesamte System des Gebäudes und die Gestaltung kümmern. Fachleute prophezeien darüber hinaus eine grundlegende Veränderung der Berufsbilder. Interdisziplinäre Teams werden die Norm sein. Das bedingt jedoch eine andere Herangehensweise, denn: «Den Mehrwert der Digitalisierung kann man beim Bauen nur dann ausschöpfen, wenn man interdisziplinär denkt», sagt Frank Thesseling.
Autor: Senta van de Weetering
Bild: Martin Vogel
Ausbildung: Interdisziplinarität am Bau
An der Hochschule Luzern wird Interdisziplinarität in Ausbildung und Forschung seit über zehn Jahren praktiziert. So besuchen Studierende aller Bau-Fachrichtungen bereits ab dem ersten Tag ihres Studiums gemeinsame Module. Im vergangenen Semester konnten zum ersten Mal zwanzig Studierende mit dem neuen «Bachelor+» abschliessen. In ihrem letzten Studienjahr arbeiteten sie – neben der disziplinären Ausbildung – in interdisziplinären Teams an fünf aufeinander aufbauenden Entwurfsprojekten. Seit 2018 bündelt die Themenplattform digitales-Bauen@T&A die digitalen Themen für Lehre und Forschung im Bauwesen an einem Ort.