Wieso arbeitet SRF ausgerechnet mit der Hochschule Luzern zusammen?
Weil die Hochschule Luzern die Kompetenz hat, für den 360°-Film ein theoretisches Fundament aufzubauen und dieses in der Praxis zu testen – auch im Bereich Animation. Diesen finde ich äusserst spannend, weil er das Traumartige der virtuellen Realität sehr gut zur Geltung bringt, aber auch, weil man damit eingängig Wissen vermitteln kann. Ich denke da an virtuelle Kamerafahrten durch den menschlichen Körper oder den Weltraum. Wir möchten mit Animations-Studierenden einen 360°-Kurzfilm produzieren.
Wo kann das Publikum Ihre 360°-Filme sehen?
Wir publizieren alle Filme fortlaufend auf unserem YouTube-Kanal oder auf unserer Website. Ausserdem zeigen wir sie online Testpersonen. Die Reaktionen werten wir zusammen mit der Hochschule Luzern aus. Dabei geht es um subjektive Eindrücke, aber auch, wohin jemand während des Films schaut.
Und wie haben die Testpersonen bisher auf Ihre Filme reagiert?
Meistens sehr positiv, weil die «Virtual Reality»-Technologie für sie neu ist und sie der immersive Effekt, das Eintauchen in eine andere Welt, verblüfft. Wie lang das anhält, werden wir sehen. Wir haben zudem beobachtet, dass viele Zuschauerinnen und Zuschauer oft in eine Richtung schauen und sich nur gelegentlich umsehen. Das liegt wohl daran, dass die meisten bisher keine VR-Brillen besitzen oder sich der Möglichkeiten des 360°-Films noch gar nicht bewusst sind.
Was erhoffen Sie sich von solchen Auswertungen?
Wir möchten herausfinden, welche Formate sich gut für 360°-Filme eignen. Je nach Genre müssen wir vielleicht auf klassische Erzählformen verzichten und das Publikum seine virtuelle Umgebung autonom erforschen lassen. In einem Gruselfilm oder einem Quiz zum Beispiel wird es eher von sich aus nach Gefahren, respektive Lösungen Ausschau halten als in einer Doku, wo der Raum nicht unbedingt erkundet werden muss. Wir testen verschiedene Varianten, es gibt noch keine finalen Gewissheiten.
Werden wird bald eine 360°-Tagesschau sehen?
Möglich, aber so weit sind wir noch nicht. Wir planen zwar, politische 360°-Inhalte zu bringen etwa Auslandsreportagen. Wir müssen aber aufpassen, wegen der Immersion nicht zu stark auf Emotionen zu setzen. Wir müssen ausloten, welche journalistische Relevanz der 360°-Film besitzt. Die ethische Dimension spielt dabei eine grosse Rolle. Möglicherweise werden wir auch feststellen, dass sich der 360°-Film als Medium für die politische Berichterstattung nicht eignet.
Interview: Martin Zimmermann
Foto: SRF