Es wäre fast zum Lachen, wenn es nicht nachdenklich stimmen würde: Es gibt Unternehmensvorstände, in denen sind mehr «Peter» vertreten als Frauen. Der Frauenanteil in Führungspositionen in der Schweiz ist heute mit 36 Prozent in etwa so gross wie vor zehn Jahren. Trotz der vielen gut ausgebildeten Frauen – sie stellen die Mehrheit der Hochschulabsolventen – und trotz jahrelanger Diskussionen um Frauenquoten.
Einen Grund dafür zeigt die Studie von Yvonne Seiler Zimmermann und Gabrielle Wanzenried vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ des Departements Wirtschaft: Frauen übernehmen weniger oft Führungspositionen, weil es ihr Wohlbefinden negativ beeinflusst, sprich, sie weniger glücklich macht. «Zwar macht die Übernahme einer Führungsfunktion Frauen und Männer in der Anfangsphase erst mal zufriedener», sagt Wanzenried. Die Chance, mit der neuen Position glücklich zu werden, ist gemäss der Studie bei Männern 10 und bei Frauen sogar 20 Prozent höher als bei Nicht-Führungspersonen.
Wenn jedoch die Arbeit das Privat- und Familienleben beeinträchtigt, führt dies vor allem bei den Frauen zu Nebenwirkungen: «Es lässt sich ein signifikant negativer Einfluss auf ihr allgemeines Wohlbefinden nachweisen», so Seiler Zimmermann. Dieser Negativ-Effekt ist um 30 Prozent höher als bei Männern. In der Folge ziehen sich viele Frauen aus einer Führungsposition zurück, oder sie antizipieren gedanklich mögliche negative Effekte und treten diese gar nicht erst an.
Zufriedenheitsfaktoren eruieren
Für die Studie wurden Daten von über 5’000 Personen aus dem Schweizer Haushalts- Panel (SHP) von 2000 bis 2015 ausgewertet, eine wissenschaftliche und repräsentative Langzeitstudie. Darunter finden sich 20 Prozent der Männer und 10 Prozent der Frauen mit Führungsfunktionen. Für die Studie der Hochschule Luzern wurden weitere Faktoren, welche die Zufriedenheit beeinflussen können, wie Gesundheit, Partnerschaft oder Kinder ebenfalls untersucht und mitberücksichtigt.
Anhaltend traditionelles Rollenverständnis
Gemäss der Studie ist es nicht so, dass Frauen in Führungspositionen mehr arbeiten oder bei ihrer Arbeit grösserem Stress ausgesetzt sind als Männer. Doris Aebi, Personalberaterin in Zürich und spezialisiert auf die Direktsuche von Schlüsselpositionen im Management, führt die Unterschiede hinsichtlich Befinden unter anderem auf das traditionelle Rollenverständnis zurück: «Frauen tragen nach wie vor die Hauptverantwortung für die Familien- und Hausarbeit». Sie sind im Spagat zwischen Präsenz bei der Arbeit und Verpflichtungen zu Hause. Die Digitalisierung der Arbeitswelt mit flexibleren Zeiten und Orten sieht sie als Chance. Auf Unternehmensseite muss sich aber ein Mentalitätswandel durchsetzen. Letztlich hätten es die Frauen auch selbst in der Hand. Aebi: «Wollen sie den beruflichen Aufstieg, müssen sie sich – wie die Männer – bei der Familien- und Hausarbeit entlasten und Verantwortung verteilen.»
Autorin: Mirjam Aregger
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