«Umständlich» nennt Michael Leschziner seinen Einstieg ins Berufsleben. In der Tat deutete zu Beginn seiner Lehre als Mechaniker im Jahr 1960 nichts darauf hin, dass er weit über das Pensionierungsalter hinaus mit Leidenschaft an einer der renommiertesten technischen Universitäten Englands im Bereich numerische Aerodynamik forschen, publizieren und lehren würde.
Michael Leschziner entschied sich als Jugendlicher für eine Lehre als Mechaniker, weil ihn Maschinen, insbesondere Flugzeuge, interessierten. Vor allem aber, weil sein Deutsch für den Besuch des Gymnasiums nicht ausreichte. Der Sohn israelischer Eltern war mit seiner Familie erst kurz zuvor nach Frankfurt am Main gezogen.
Ohne Matura war ihm sein erklärtes Ziel, ein Universitätsstudium, verwehrt. Im Jahr 1965 zog die Familie in die Schweiz, nach Zug. Hier bot ihm das damalige Polytechnikum Luzern, die Vorgänger-Institution des Departements Technik & Architektur, jedoch die Möglichkeit zu einem ersten Schritt in diese Richtung: Im Alleingang büffelte er für die Eintrittsprüfung, die ihm Zugang zum Maschinenbau-Studium gab. An die Studienjahre hier hat er nach über fünfzig Jahren vor allem eine Erinnerung: «Es war eine stressige Zeit. Ich habe fast nur gelernt, so etwas wie ein Sozialleben hatte ich nicht.»
Nach dem Abschluss verliess er die Schweiz, in der er sich nie vollständig willkommen gefühlt hatte. «Das war, vor allem in ländlichen Gegenden, eine geschlossene Gesellschaft», sagt er im Rückblick. Ihn zog es nach London. Hier ermöglichte der Luzerner Abschluss, wieder mit Hilfe von Prüfungen und noch immer ohne Matura, endlich den Zugang zur akademischen Welt.
Heute ist Michael Leschziner pensioniert. Theoretisch. In der Praxis verbringt er weiterhin die meiste Zeit vor dem Computer – Fünfzehnstundentage war er als Professor für numerische Aerodynamik ein Leben lang gewöhnt. Vor einem halben Jahr ist, zusätzlich zu seinen über 300 wissenschaftlichen Publikationen, sein Lehrbuch zu statistischen Turbulenzmodellen in der Strömungsdynamik erschienen, eine Art Endpunkt einer Karriere, die er allerdings noch gar nicht beenden will.
Dass er vom Startpunkt Lehrabschluss aus über das Polytechnikum seinen Weg bis zum Senior Professor, ehemaligen Institutsleiter an der Universität Manchester und «Fellow of the Royal Academy of Engineering» gemacht hat, enthält für ihn eine Botschaft an junge Menschen: «Man kann – fast – alles schaffen, wenn man seine Ziele hoch setzt und den nötigen Aufwand leistet, um sie zu erreichen.»
Michael Leschziner (70)
Abschluss: Dipl. Ing. HTL, Polytechnikum Luzern (1969)
Autorin: Senta van de Weetering
Bild: zVg