Peter Baur, wie wohnen Sie?
Ich habe glücklicherweise eine zweistöckige Wohnung mitten in der Stadt. Sie ist ideal für zwei Musiker mit Flügel. Früher gab es in den unteren Stockwerken nur Büros, da war die Situation natürlich einfacher. Unsere Instrumente stehen nun aber in der oberen Etage, sodass die Nachbarn unter uns kaum etwas hören.
Welche Schwierigkeiten haben Musiker, eine passende Wohnung zu finden? Viele Musiker suchen gezielt nach einer Wohnung, die für ihr Instrument geeignet
ist. Manche brauchen mehr Platz oder gar einen eigenen Raum zum Üben. Da kann die Suche schon mal länger dauern oder die Miete höher ausfallen. Vor allem aber muss die Wohnung, was Lage oder Grundriss betrifft, passen. Schliesslich sollen sich ja möglichst wenige Leute gestört fühlen, seien es die eigenen Mitbewohner oder die Nachbarn. Ein Glücksfall wäre natürlich ein frei stehendes Haus, oder man tut sich mit anderen Musikern bei der Wohnungssuche zusammen.
Kann das nicht auch untereinander zu Misstönen führen?
Das stimmt, auch Musiker können sich gegenseitig nerven. Ich denke nicht, dass Musikerinnen und Musiker zwangsläufig toleranter sind als andere. Konflikte mit Nachbarn kann es immer geben: Wenn der Hund des Nachbarn bellt, dann kann das einen Musiker genauso beim Üben stören, wie sein Musizieren den Nachbarn am Schlafen hindert.
Was raten Sie Studierenden, die ja oft erstmals eine eigene Bleibe suchen?
Miteinander reden! Und zwar bevor man sich gegenseitig das Leben schwer macht. Ich empfehle, sich beim Einzug in eine Wohnung bei den Nachbarn vorzustellen, zu erklären, dass man Musik studiert und daher auch zu Hause üben muss. Gleichzeitig sollte man erfragen, zu welchen Zeiten die Nachbarn – abgesehen von durch Gemeinde, Mietvertrag oder Hausordnung vorgegebenen Ruhezeiten – nicht gestört werden möchten. Und man sollte darum bitten, dass sich Nachbarn umgehend bei einem melden, wenn sie genervt sind. Manchmal helfen auch kleine Deals, zum Beispiel das Angebot, ein Ständchen an der Geburtstagsfeier des Nachbarn zu spielen, wenn dieser verständnisvoller ist. Je mehr man im Vorfeld klärt oder in Streitsituationen miteinander redet, umso konzentrierter lässt es sich nachher üben.
Nicht nur zu Hause, sondern auch im Studienalltag braucht es eine gewisse Rücksichtnahme auf andere…
Im Hauptgebäude auf Dreilinden, wo auch unser Büro ist, klingt es durch die Wände und Decken. Aber schliesslich ist die über hundertjährige Villa nicht als Musikgebäude gebaut worden. Daher darf hier nicht auf besonders lauten Instrumenten geübt werden. Und klar: Es ist nicht angenehm, jemandem beim mehrmaligen Wiederholen von schwierigen Passagen zuzuhören. Vom geplanten Neubau des Departements Musik erhoffe ich mir deutliche Verbesserungen, was die Akustik, aber auch den zur Verfügung stehenden Platz betrifft. Kürzlich startete übrigens ein Forschungsprojekt zusammen mit dem Departement Technik & Architektur. Es befasst sich mit der Frage, wie Gebäude, die nicht für die Musik vorgesehen waren, dafür umgenutzt werden können.
Wenn man als Musiker nicht das Glück hat, in einem «musiktauglichen» Gebäude zu wohnen oder nette Nachbarn zu haben, welche Möglichkeiten gibt es sonst noch?
Für einige Instrumente, wie Piano, Schlagzeug oder Streichinstrumente, gibt es mechanisch-elektronische Alternativen, die wenig bis gar nicht von den Nachbarn zu hören sind. Diese können aber die Originale nur bedingt ersetzen. Gesangsstudierende oder Musiker mit Blasinstrumenten sind oft dazu gezwungen, sich einen Proberaum zu suchen. Im Gegensatz zu den Pianisten sind sie aber wenigstens mobil. Wer bei uns studiert, kann die Unterrichtsräume der Hochschule von morgens 7:00 Uhr bis abends 22:00 Uhr zum Üben nutzen.
Interview: Simone Busch
Neubau: Genau hingehört im Musterraum für Akustik
Im Neubau des Departements Musik der Hochschule Luzern in Kriens stehen den Dozierenden und Studierenden ab 2019 über 80 Probe- und Unterrichtsräume, zwischen 25 und 80 m2 gross, zur Verfügung. Bereits jetzt wird ein Raumtypus, nämlich jener eines Einzelunterrichtsraums mit 44 m2, ausgiebig getestet. Die Herausforderung dabei: Je nach Instrument, Ensemblegrösse oder Musikgattung sind die Anforderungen an einen solchen Raum ganz verschieden. «Ein Schlagzeug klingt anders als eine Gitarre, eine Jazzband anders als eine klassische Sängerin. Für die einen braucht es etwas mehr Hall, für die anderen weniger», sagt Departementsdirektor Michael Kaufmann.
Verantwortlich für die Raumakustik ist das renommierte Planungsbüro applied acoustics GmbH aus Gelterkinden. Die Akustikspezialisten führten im Musterraum eine Reihe von Messungen durch: unter anderem dazu, wie sich der Schall ausbreitet und welche Eigenschaften des Raums den Klang günstig oder eben ungünstig beeinflussen. Akustisch wirksame Decken- und Wandelemente wie auch Vorhänge wurden nach den Vorgaben der Architekten und Akustiker installiert. «Sie sorgen dafür, dass die Lautstärke nicht zu hoch wird, der Schall diffus reflektiert wird und dadurch ein der Musik dienlicher Nachhall entstehen kann», so Akustiker Markus Spinnler. Vorhänge hätten zudem den Vorteil, dass Nutzerinnen und Nutzer die Raumakustik individuell anpassen können.
Im letzten Herbst wurde der Musterraum von vielen Studierenden und Dozierenden getestet. Ihre Feedbacks fliessen nun in die Weiterentwicklung ein. Der Prototyp soll bis zum Frühjahr 2017 optimiert und danach nochmals getestet werden. Michael Kaufmann ist sich sicher: «Den perfekten Proberaum für jede Instrumentengruppe gibt es nicht. Aber wir werden dank des optimierten Prototyps eine bessere Situation haben als in unseren jetzigen Gebäuden, die ursprünglich nicht fürs Musizieren gemacht worden sind.» www.hslu.ch/neubau-musik