Musiker haben es wahrlich nicht leicht: Isabel Charisius, die am Departement Musik der Hochschule Luzern Bratsche und Kammermusik unterrichtet, erzählt: «Ein Freund von mir hat sich die Mühe gemacht, sämtliche Vorschriften festzuhalten, die Streicherinnen und Streicher einhalten müssen, wenn sie Landesgrenzen überqueren. Das Dokument umfasst fünfzehn Seiten!» Ein Grund dafür ist das internationale Artenschutzabkommen Cites. Dieses zum Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen gedachte Abkommen führt dazu, dass für einige Materialien wie Elfenbein, Schildpatt oder Rio-Palisander, die auch im Geigen- und Bogenbau verwendet werden, klare Nachweise über den Ursprung und die Herkunft erforderlich sind. Um zu verhindern, dass ein Geigenbogen, der unter Umständen bis zu 150’000 Franken kosten kann, beschlagnahmt wird, lassen viele Musikerinnen und Musiker vor weiten Reisen die Elfenbeinkopfplatte an ihrem Instrument auswechseln. Diese wird dann zum Beispiel durch fossiles Mammut oder Rinderknochen ersetzt.
«Es braucht den Artenschutz natürlich!», so Charisius, aber die bürokratischen Hürden seien für Künstler kaum zu bewältigen. Während es Privatreisenden teilweise erlaubt ist, Kleinstmengen von geschützten Materialien mit sich zu führen, gelten Musiker als Berufsreisende und haben deshalb strengere Auflagen zu erfüllen. Sie müssen nachweisen, dass alles, was in ihren Instrumenten verbaut ist, aus legalen Quellen stammt. Für ihre eigenen Instrumente und Bögen führt die Geigerin und Bratschistin jeweils eine «Declaration of Material» mit sich, ein Dokument, in dem alle verbauten Materialien säuberlich erfasst sind. Auf diese speziellen Hürden im Berufsalltag bereitet die Dozentin auch ihre Studierenden vor. «Das ist zwar nicht Teil des Lehrplans, gehört aber zu einem Musikerleben.» Einen Lichtblick gibt es: Im Herbst 2016 wird in Johannesburg bei der Konferenz der 178 Cites-Staaten über eine Erleichterung dieser Bestimmungen beraten.
Mit grossem Gepäck reisen
Ganz andere Sorgen haben Musiker mit schweren oder sperrigen Instrumenten. Einer von ihnen ist Jonas Hoenig. Der Jazzstudent fährt regelmässig von Freiburg im Breisgau nach Luzern. «Bei weit entfernten Auslandskonzerten würde ich mir einen Bass vor Ort leihen», sagt er. «Als Kontrabassist und Jazzer ist man da vielleicht etwas entspannter als klassische Streichmusiker.» Seit er in der Schweiz studiere, reise er jedoch oft und gern mit dem Zug. In Schweizer Zügen habe es Platz für Skier und Kinderwagen – oder eben seinen Bass. Mit Bus und Tram zu reisen, sei schwieriger, und am schlimmsten seien die deutschen ICEs. Dort müsse er entweder eine Tür blockieren oder sich eine freie Ecke im Bordbistro suchen. «Wenn der Zug extrem voll ist, denke ich manchmal schon, dass ich gescheiter Blockflöte gelernt hätte», sagt Hoenig. Hilfe beim Ein- oder Aussteigen braucht er nicht. Mit der gepolsterten Tasche wiege der Bass nur rund 15 Kilo. Für längere Strecken zu Fuss stellt Hoenig ihn auf einen kleinen Wagen. Angst, dass seinem Bass etwas passiert oder dass er gestohlen wird, hat er nicht. «Wer einen Kontrabass klaut, der ist selber schuld!»
Ein Orchester von A nach B bringen
Cornelia Dillier arbeitet seit fast 30 Jahren für die Hochschule Luzern. Als Leiterin Veranstaltungen ist sie unter anderem dafür zuständig, dass bei Konzerten die Instrumente rechtzeitig parat stehen oder sensible Tasteninstrumente wie Cembalo und Orgel Zeit haben, sich an das Raumklima anzupassen. Zudem muss sie Experten aufbieten, die diese Instrumente vor dem Konzert stimmen. Dabei gilt es, unzählige Details zu beachten: Ein spezialisiertes Transportunternehmen muss reserviert werden, der Abwart bereitstehen, um die Saaltüren zu öffnen; es braucht Helfer zum Tragen und Aufstellen des Materials, und der Saal muss freigegeben sein – im KKL Luzern ist die Zeit für Veranstaltungswechsel beispielsweise sehr knapp bemessen. Kurzum: Timing ist bei Dillier alles, und oft ist Improvisationstalent gefragt. Vor kurzem liess sich ein Harfenkonzert in einer Kirche nur retten, weil die Musikerin dasselbe Werk zweimal spielte. «Der Stimmstift einer Saite hatte beim Transport im Taxi Schaden genommen», erklärt Dillier, und auf die Schnelle sei keine Ersatzharfe aufzutreiben gewesen. Normalerweise gingen solche Taxitransporte jedoch gut und seien günstiger als Buchungen bei spezialisierten Unternehmen.
«Wenn wir ausländische Gastmusiker einladen, kann es auch vorkommen, dass ich fünf Kontrabässe hinzumiete», erzählt Dillier, «oder ich organisiere einen Bus, wenn unser studentisches Sinfonieorchester zu einem Konzert in eine andere Stadt reist.» Am aufwendigsten ist für Dillier jedoch die Bewältigung des Probenalltags, denn im Moment ist das Departement Musik noch auf vier Standorte verteilt und hat keinen eigenen grossen Saal. Dillier: «Das bedeutet, dass wir nicht nur für Konzerte, sondern auch für Proben extra Räume mieten müssen, was viele Transporte und Umtriebe verursacht.» Mit der geplanten Eröffnung des neuen Gebäudes für das Departement Musik im Jahr 2019 wird sich das ändern, denn dort sollen dann ein Kammermusiksaal und weitere Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. «Die logistischen Herausforderungen werden uns aber garantiert weiterhin ins Schwitzen bringen», meint Dillier lachend.
Text: Mirella Wepf
Foto: Mischa Christen