Was ist ein Business Angel, und welche Rolle übernimmt er in einem Start-up?
Ein Business Angel ist eine Privatperson, die ein Start-up in der frühen Gründungsphase mit «smart money» unterstützt. Er bringt also nicht nur Geld – meist in der Form von Aktienkapital – ins Unternehmen ein, sondern auch sein Know-how, seine Erfahrung und seine Kontakte. Weil ein Business Angel ein hohes finanzielles Risiko eingeht, will er bei strategischen Fragen mitentscheiden. Wie weit diese Einflussnahme geht, hängt von den beteiligten Personen ab. Typisch ist etwa ein Mandat als Coach oder Verwaltungsrat.
Was ist die Motivation eines Business Angels, in ein Start-up zu investieren?
Zum einen will er damit natürlich Geld verdienen. Darüber hinaus – und das ist das Zentrale – will er einen Beitrag an den Erfolg eines Unternehmens leisten, von dessen Geschäftsidee er überzeugt ist. Es ist nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein emotionales Engagement.
Welche Renditen lassen sich bei solchen Investitionen erzielen?
Das ist sehr unterschiedlich. Bei zehn Start-ups ist vielleicht eines dabei, das nach einer gewissen Zeit richtig Geld abwirft. Vier bis fünf wirtschaften befriedigend, und einige verschwinden leider wieder vom Markt. Das Risiko, dass ein Business Angel sein Geld nicht wiedersieht, ist also relativ hoch. Deshalb sollte bei dem einen wirtschaftlich sehr erfolgreichen Start-up der Unternehmenswert so stark steigen, dass für den Business Angel ein Multiple – d.h. eine Vervielfachung seiner Investition – um das 10- bis 20-Fache innerhalb von fünf bis sieben Jahren möglich ist. Das klingt nach sehr viel, dient aber dazu, Verluste bei anderen Start-ups aufzufangen.
Was braucht ein Start-up, damit Sie in es investieren?
Es braucht eine gute Geschäftsidee. Zudem müssen grundsätzliche Fragen, etwa zur potenziellen Nachfrage, zu realistischen Margen, zur technischen Machbarkeit von Produktfunktionalitäten usw. geklärt sein. Am wichtigsten aber ist, dass man von der Qualität der Leute überzeugt ist. Man muss ihnen zutrauen, dass sie über das entsprechende Know-how verfügen und auch die notwendige Energie aufbringen, um ihre Vision zu verwirklichen. Das Start-up sollte zudem aus mehreren Personen bestehen, damit sich die Last der Aufbauarbeit auf mehrere Schultern verteilt. Wenn diese unterschiedliche Kompetenzen mitbringen, umso besser.
Wie wichtig sind die richtigen Kontakte, und wie kommt man an sie heran?
Gute Kontakte sind wichtig. In der Schweiz gibt es allerdings viele Unterstützungsangebote, die einfach zugänglich sind. Bei der Suche nach einem Business Angel ist es wichtig, gezielt auf Personen zuzugehen, die zum Start-up passen. Sei es, weil sie bereits in Unternehmen in ähnlichen Geschäftsfeldern investieren oder weil sich die Vorstellungen der Gründer und des Business Angels über Art und Umfang der Einflussnahme decken.
Während sich für die frühe Gründungsphase eher Geldgeber finden lassen, fehlt es in der späteren Wachstumsphase oft an Investoren. Warum ist das in der Schweiz so, und was bedeutet das für ein Start-up?
In der Wachstumsphase geht es schnell um Beträge in Millionenhöhe. An die Stelle von Business Angels treten dann meist institutionelle Investoren wie Venture-Capital- Fonds oder Investmentgesellschaften. Und davon gibt es in der Schweiz leider nicht so viele. Das zwingt manche Start-ups, sich ihre Investoren im Ausland zu suchen. Für die Entwicklung des Start-ups kann dies aber positiv sein. Ein Unternehmen sollte sich dort ansiedeln, wo es die besten Marktbedingungen findet, z.B. was Zielgruppe und Nachfrage betrifft. Dort findet es dann meist auch Investoren.
Interview: Simona Stalder
Bild: Hochschule Luzern