Seine Biografie, müsste man sie zeichnen, sähe wie eine Fieberkurve aus: Er war Maurer, dann Architekt HTL, dann Sozialpädagoge. Heute ist er gefragter Sexualberater und Paartherapeut mit eigener Praxis. «Was mich antreibt, ist meine Neugierde, in deren Zentrum der Mensch steht», erklärt Bruno Wermuth. «Mich interessiert, was das Zusammenleben der Menschen bestimmt; wie sich jemand in einer bestimmten Situation verhält.»
Ein zufällig entdecktes Stelleninserat, in dem ein Sexualpädagoge gesucht wurde, ermöglichte ihm den Ausstieg «aus einer ermüdend-ernüchternden Arbeit als Sozialpädagoge». Prävention statt Reintegration – das wars. «Sexualität betrifft den ganzen Menschen: seine körperliche und seelische Gesundheit, auch seine Art, das Leben zu gestalten. Sexualität beruht auf der Kraft des Ursprünglichen und Animalischen, hat daher auch mit Macht zu tun.»
Über eine Million Leser
In Zusatz und Weiterbildungen holte sich Wermuth das Wissen, das er nun seit zehn Jahren weitergibt – in seiner Praxis, an Vorträgen, in Unterrichtsstunden und Diskussionsrunden. Zwei Mal wöchentlich lesen über eine Million Menschen in der Gratiszeitung «20 Minuten» oder online seine Antworten auf Fragen zu Sexualität, Liebe und Beziehung. Seine Beratertätigkeit versteht der 51-Jährige als Mediation. Es gehe immer darum, den Menschen aufzuzeigen, wie sie mit ihren Neigungen und Bedürfnissen zurechtkommen könnten, ohne an den gesellschaftlich definierten Normen zu zerbrechen. Es stellen sich fundamentale Fragen wie: Welcher Art von Lustbefriedigung müssen, wenn überhaupt, Grenzen gesetzt werden? Kann man ewige Treue einfordern? «An solchen Themen kann ich mich als Mensch und Mann nicht vorbeimogeln. Um als Berater zu überzeugen, muss auch ich mich mit dem, was ich erlebe, auseinandersetzen und Überholtes hinter mir lassen.»
Nach vielen Berufsjahren und reich an Erfahrung steht für ihn heute fest: Jedem und jeder soll so viel Freiheit wie möglich zugestanden werden. Kathrin Zellweger Absolvent Möglichst viel Freiheit Die Leser von «20 Minuten» kennen ihn als «Doktor Sex». Sein Beruf hat Bruno Wermuth eines gelehrt: Die Menschen sind so unterschiedlich, dass man ihnen mit einem engen Wertesystem nicht gerecht wird.
Autorin: Kathrin Zellweger
Fotograf: Gian Losinger
Zur Person
Bruno Wermuth, 1963, wuchs im Kanton Bern auf. Der gelernte Maurer wurde Architekt HTL , dann Sozialpädagoge FH. Mit dem CAS Grundlagen professionellen Umgangs mit Sexualität in Pädagogik und Beratung und dem CAS Sexualität in Beratung – beide absolviert an der Hochschule Luzern – war er für seine heutigen Tätigkeiten vorbereitet. In der Gratiszeitung «20 Minuten» beantwortet er Fragen zu Liebe, Beziehung und Sexualität. In seiner Berner Praxis bietet Bruno Wermuth Einzel- und Paarberatungen an.