Es ist kalt an diesem Vormittag, der Himmel zeigt sich grau, manchmal drückt sich eine Schneeflocke ans Fenster. «Erst hier habe ich verstanden, warum die Menschen gerne übers Wetter reden», sagt Maria Zgraggen und rückt näher an den Ofen, der ihre Stube wärmt. Sie lebt und arbeitet oberhalb von Bürglen UR. Manchmal, wenn es nicht allzu kalt ist, dient ein grosser Stall gegenüber dem Wohnhaus als Atelier. Zurzeit tut es ein kleineres Zimmer im oberen Stockwerk des Hauses.
Hier entwickelt Maria Zgraggen gerade ein Modell für eine Rauminstallation im Museum Bruder Klaus in Sachseln OW. «Schwierig, der Blick auf die Installation muss von allen Seiten stimmen», sagt sie und geht einmal um das Modell herum. Über Kunst reden, das ist so eine Sache. Denn Bilder und Objekte bedienen sich eines Alphabets mit eigenen Ausdrucksformen. «Farbe, Formen, Linien», sagt Maria Zgraggen. In der Komposition dieser drei Elemente liegt die Essenz.
In der Bilderflut sehen lernen
Wenn Maria Zgraggen ein gesellschaftspolitisches Anliegen hätte, dann wäre es eines, das die Sinne fördert, das Schauen und das Empfinden. «Ein Jahr gestalterischer Vorkurs für alle», sagt sie. «Damit man inmitten der Bilderflut wieder sehen lernt.» Aber natürlich sei dies eine Utopie, fügt sie an. Der Vorkurs war schon früher, Ende der 70er-Jahre, Bestandteil der Ausbildung an der damaligen Schule für Gestaltung. «Das ist lange her, doch diese Zeit ist immer wieder sehr präsent», sagt Maria Zgraggen, die zahlreiche Förderbeiträge, Ausschreibungen und Stipendien gewonnen sowie 2013 den Innerschweizer Kulturpreis erhalten hat. «Der Preis ehrt mich sehr und ist eine grosse Anerkennung für meine Arbeit», sagt sie.
Nach der Ausbildung in Luzern studierte sie an der Bath Academy of Arts in Corsham GB und absolvierte dann einen Master in Fine Art an der Chelsea School of Art in London. Sie lebte in New York, in Budapest und in Rom. In ihre Heimat kam sie eher zufällig zurück, weil sich die Gelegenheit ergab, das Haus ihrer Mutter zu übernehmen. Die karge Berglandschaft gefällt ihr, ebenso die Naturschauspiele, die sich direkt vor dem Fenster beobachten lassen. Sie sind auch ein Übungsfeld für die Wahrnehmung.
«Der Ort, an dem man lebt und arbeitet, ist wichtig, aber man darf ihn nicht überschätzen und idealisieren», sagt sie. Und: «Das Werk entsteht immer aus sich heraus, während der Arbeit.» Nochmals geht Maria Zgraggen um ihr Modell für die Rauminstallation herum. Der Raum sei hier die Leinwand, erläutert sie. Noch ist das Werk nicht perfekt. Es wird aber ganz sicher seine Vollendung finden.
Autorin: Lucia Theiler
Fotografin: Corinne Glanzmann / Neue Luzerner Zeitung
Ausstellungen und Installationen
Maria Zgraggen zeigt im Mai 2014 in Zug in der Galerie Carla Renggli in einer Einzelausstellung Malereien. In Sachseln OW wird sie im April 2014 mit einer Rauminstallation in einer Gruppenausstellung präsent sein. «Frisch gemalt» lautet der Titel dieser Ausstellung im Museum Bruder Klaus. Maria Zgraggen ist zudem bekannt für ihre Kunst am Bau. So hat sie unter anderem in Erstfeld bei der Ein- und Ausfahrt zum Schwerverkehrszentrum Ripshausen im Auftrag des Bundesamts für Strassen (ASTRA) das Areal mit einer dreiteiligen Skulptur gestaltet.