Den problematischen Alkoholkonsum reduzieren und dessen negativen Auswirkungen entgegenwirken: Das ist das Ziel des Bundes. In diesem Zusammenhang hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) das Forschungsteam von Interface Politikstudien Forschung Beratung und der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit mit einer Studie beauftragt, um repräsentative und vertiefte Erkenntnisse zum Thema Alkohol und Gewalt im öffentlichen Raum zu erhalten.
Die Studie zeigt, dass bei rund der Hälfte von körperlicher und verbaler Gewalthandlungen im öffentlichen Raum Alkohol im Spiel ist. Haupttäter sind 19- bis 24-Jährige. Die Ergebnisse basieren auf einer einwöchigen Online-Befragung von 1300 Polizisten in den Kantonen Bern, Genf und Luzern sowie der Stadt Zürich und auf 19 vertieften Expertengesprächen (Medienmitteilung des Bundesamts für Gesundheit BAG). Ergänzt wurde diese Erhebung durch eine Medienanalyse von Printmedien im Kanton Bern. Für diesen Teil der Untersuchung war hauptsächlich die Hochschule Luzern – Soziale Arbeit zuständig.
«Bei der Studie haben wir einen relativ aktuellen Ansatz gewählt», sagt Franco Bezzola, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziokulturelle Entwicklung. So wurde im Zusammenhang mit Alkohol und Gewalt die Entwicklung des öffentlichen Raums in Innenstädten mitberücksichtigt. «Denn neuere Studien messen dem Ort von Gewalthandlungen eine wichtige Rolle zu», sagt Bezzola. Gewalthandlungen im öffentlichen Raum würden zunehmend in städtischen Zentren stattfinden und oft durch triviale Ereignisse ausgelöst. «Aus sozialräumlicher Perspektive widerspiegelt diese Entwicklung eine neue Ausgehkultur mit einem veränderten Trinkverhalten. Die Entwicklung ist geprägt durch erhöhte Mobilität, ein neues Bedürfnis des Eventerlebens, die 24-Stunden-Gesellschaft, eine hohe räumliche wie soziale Dynamik und eine vermehrte Anonymität.» Verbunden mit Alkoholkonsum habe dies eine enthemmende Wirkung. Die Zunahme in den polizeilichen Statistiken könne aber nicht nur auf die veränderte Ausgehkultur zurückgeführt werden. So zeigte die Literaturanalyse, dass Gewalt in Zusammenhang mit Alkohol auch vermehrt auch bei Gruppenphänomenen wie Fussball- und Eishockeyspielen auftritt. «Anonymität bei gleichzeitig körperlich-affektiver Nähe und räumlicher Mobilität fördert den Abbau der Selbstkontrolle», sagt Bezzola.
Aufgrund der Online-Befragung der Polizisten und den weiterführenden Untersuchungen kommt die Studie zum Schluss, «dass Alkohol bei Gewalt im öffentlichen Raum eine so grosse Rolle spielt, dass Alkoholprävention zu einer Verringerung von Gewalthandlungen im öffentlichen Raum führen könnte». Empfohlen wird unter anderem, präventive Massnahmen zu intensivieren.