In der Übersicht
Die Akustik der spätantiken-frühbyzantinischen Kirche San Vitale in Ravenna, erbaut ca. 537–547, scheint nicht das Nebenprodukt ihrer Architektur zu sein, sondern essenzieller Bestandteil der baulichen Struktur. Bis heute ist nicht geklärt, inwiefern der geometrische Entwurf dieses sakralen Bauwerks das Ergebnis angewandter musiktheoretischer Erkenntnisse und musikalisch-akustischer Berechnungen ist, obwohl es einige Untersuchungen zur Akustik von Kirchen gibt.
Dieses Vorprojekt hat zum Ziel, sich mit einer neuen Hypothese des musikalisch-geometrischen Bauentwurfs auseinanderzusetzen, der für das besondere musikalische Raumerlebnis (u. a. speziell bei Boethianischen Gesängen) verantwortlich sein könnte. Die Hypothese ist, dass bestimmte Resonanzen und Eigenmoden des Raums sich auf Boethianische Gesänge vorteilhaft auswirken, sodass die Sängerinnen und Sänger mit dem in die Architektur eingearbeiteten akustischen Muster und den damit immanenten Intervallen und Proportionen in Resonanz treten und auf diese Weise eine tiefe Wirkung auf Körper, Geist und Seele (bei sich sowie beim Zuhörer) herbeiführen.
Dieses Vorprojekt beschäftigt sich mit den theoretischen Hintergründen und mit der Planung eines Hauptprojekts, bei dem photogrammetrische und raumakustische Messungen sowie Gesangexperimente in der San Vitale geplant und durchgeführt werden sollten. Die Messungen und anschliessenden raumakustischen Simulationen sollten eine Auralisation ermöglichen, d. h., Wiedergabe von Musik im Labor, so, wie es in San Vitale klingen würde.