In der Übersicht
Aktuelle wissenschaftliche Erkennisse zeigen, dass Übergewicht und Adipositas (Fettsucht) in der Schweiz häufiger vorkommen als vermutet. Das Risiko für Übergewicht und Adipositas im Kindesalter kann bereits im Mutterleib vorprogrammiert werden, weshalb gezielte, präventive Massnahmen in der Schwangerschaft am ehesten erfolgversprechend sind. Das vorliegende Pilotprojekt setzt hier an.
Ziel war es, Frauen mit stärkeren oder starkem Übergewicht (BMI ≥ 30) in der Schwangerschaft und danach zu unterstützen, einen gesünderen Lebensstil und ausreichend Bewegung umzusetzen. Dabei lag der Fokus auf der Intensivierung bereits vorhandener Regelstrukturen in der Begleitung, ohne ein neues Angebot zu schaffen, sowie die weiteren Fachpersonen rund um die Geburt intensiver miteinzubeziehen. Das Pilotprojekt setzte sich ebenfalls zum Ziel, zur besseren Vernetzung von bereits tätigen Fachpersonen rund um die Geburt beizutragen.
Datengrundlage stellten mehrere, zu unterschiedlichen Zeitpunkten, geführte qualitative Interviews mit schwangeren Frauen bzw. Müttern sowie mit deren Hebammen dar. Zudem wurden weitere Erhebungen mit der Mütter- und Väterberater*innen sowie eine online gestützte Fragebogenbefragung mit Gynäkolog*innen im Kanton Aargau und zwei Expert*innendiskussionen durchgeführt.
Zusammenfassend lassen sich folgende Ergebnisse festhalten:
- Die intensivere Begleitung durch die Hebammen und das dabei sich etablierende Vertrauensverhältnis bilden wichtige Elemente, um die teils bereits stigmatisierten Frauen mit Übergewicht effektiver zu begleiten.
- Veränderungen im Ernährungs- und Bewegungsverhalten können bewirkt werden, sie sind jedoch unterschiedlich über den begleiteten Zeitraum. Je früher die Frauen begleitet werden können, desto eher kann auch eine Veränderung initiiert werden.
- Als grössere Herausforderung stellt sich das Ansprechen der Thematik «Übergewicht» für die meisten befragten Fachpersonen heraus. Hier bedarf es verschiedener Unterstützungsmassnahmen, wie z.B. einer intensiveren Weiterbildung in "motivational Interviewing".
- Das Pilotprojekt hat sog. «sensible Fenster» bei den Frauen genutzt, um mit einer Begleitung vor, in und nach der Schwangerschaft anzusetzen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich diese als nutzbringend erweisen und weitere solche Fenster, insbesondere nach dem Wochenbett, vorhanden sind. Um solche noch genauer definieren zu können, sollte intensiver mit den vorhandene Fachpersonen rund um die Geburt und im Frühkindlichen Bereich zusammengearbeitet und die Begleitung für Frauen mit einem erhöhten Risiko für Übergewicht intensiviert werden.
Um eine gelingende Überführung des Pilotprojekts in Massnahmen anzugehen oder im weiteren, beispielsweise ein niederschwelliges Programm für schwangere Frauen mit Adipositas zu etablieren, hat das Projektteam der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit verschiedene Vorschläge ausgearbeitet. Diese sind detalliert im Bericht enthalten.