In der Übersicht
Im Rahmen des Pilot-Projekts wird ein Online-Hörexperiment durchgeführt, bei dem Probandinnen und Probanden die Groove-Qualitäten von 250 Audio-Passagen aus den Genres R&B, Fusion, Funk, Rock und Metal bewerten. Zusätzlich werden als Vorbereitung zum Hauptprojekt 50 Schlagzeugpatterns transkribiert und auf Sample-Basis rekonstruiert.
Groove hat gemäss Martin Pfleiderer eine positive Wirkung auf die Emotionen von Hörerinnen und Hörern, und Groove animiert sie zu Körperbewegung (Pfleiderer 2006, 2010). Weitgehend ungeklärt sind die musikalischen Faktoren, die diese Groove-Erfahrung auslösen. Charles Keil stellte in seiner Theory of Participatory Discrepancies (PD-Theorie) die Hypothese auf, dass Microtiming essenziell ist für die Entstehung der Groove-Erfahrung (Keil, 1987, 1995, 2010). Mehrere Studien haben diese Hypothese getestet, fanden jedoch keine Hinweise für einen Zusammenhang zwischen Microtiming und Groove-Erfahrung (Butterfield, 2010; Madison et al., 2011; Madison and Sioros, 2014) bzw. kamen zum Schluss, dass sich Microtiming eher negativ auf die Groove-Erfahrung auswirkt (Frühauf et al. 2013, Davies et al. 2013). Perfekt quantisierte Musikbeispiele erhielten in diesen Studien höhere Groove-Ratings als Musikbeispiele mit Microtiming.
Der Projektleiter und sein Team haben 2012-2014 ein erstes fremdfinanziertes Projekt zum Groove-Thema durchgeführt („The Relevance of Participatory Discrepancies for the Perception of Groove in Jazz and Funk”, SNF # 100012L 137794). Keils Hypothese wurde im Rahmen dieser Studie geprüft: Die Resultate ergaben, dass Microtiming einen messbaren und signifikanten Effekt auf das Bewegungsverhalten hat. Dieser Effekt war jedoch nominell klein und hing von der musikalischen Expertise der Hörerinnen und Hörer ab. Die Experten bewegten sich am schwächsten zu perfekt quantisierten Musikbeispielen, am stärksten jedoch zu Musikbeispielen mit authentischem, aber auf 40% der Abweichungen herunterskaliertem Microtiming. D.h. die Musik-Experten zeigten den Groove-Effekt am meisten bei Musik mit „tightem“ aber menschlichem Timing. Die Nicht-Experten unter den Probandinnen und Probanden zeigten keine signifikanten Unterschiede in ihren Reaktionen. Die Resultate der HSLU-Studie stehen in Widersproch zu den Ergebnissen der früheren Studien, sie geben der Groove-Forschung neue Impulse.