In der Übersicht
Die Resultate lassen sich folgendermassen zusammenfassen: Eine Methode wurde entwickelt, die es erlaubt, die Einsatzzeiten eines Anschlags auf dem Klavier mit einer Genauigkeit von ca. 10ms zu messen. Die Methode arbeitet in LARA mit zwei unterschiedlichen Lautstärkepegeln und Filtern. Sie liefert im Fall von Chopins op. 28/4 sehr gute Messdaten. Zwei Themen wären weiter zu vertiefen: 1) Die Methode ist ausgesprochen zeitaufwändig. Zu prüfen ist, ob der von Lorenz Kilchenmann für perkussive Musik entwickelte, semi-automatische Rhythmic Event Detector (Projekte: Auditive Synchronizität I 08-478 und II 09-530) unter Zuhilfenahme von Filtern auch auf mehrstimmige Klaviermusik angewendet werden kann. 2) Die Präzision des Verfahrens müsste anhand einer grösseren Datenmenge systematisch erhoben werden. Die Einsatzzeiten von Argerichs Einspielung des Preludes op. 28/4 wurden für die Solostimme und die Begleitung (eine Messung pro Akkord) gemessen und visualisiert. Die in der Forschungsliteratur beschriebenen agogischen Invarianten können für diese Einspielung bestätigt werden: Das Ritardando an Phrasenenden (Clarke 1999) und der Melody Lead (Goebl 2001) sind feststellbar. Die Auswertung der Daten für die linke Hand machte zusätzlich ein globales Modell für die agogische Gestaltung von Takten erkennbar: Argerich akzentuiert die Taktschwerpunkte mit lokalen Ritardandi. Resultate des Projekts wurden am 16. Dezember 2009 am „International Symposium on Performance Science“ (ISPS 2009, Auckland NZ) präsentiert. Die Präsentation fokussierte auf die Takte 13-15 und diskutierte Argerichs Accelerando vor dem Hintergrund des Taktmodells und mit Bezug auf die harmonische Entwicklung der Komposition. Weitere Projektresultate wurden in den Proceedings von ISPS 2009 veröffentlicht: Der Artikel fokussiert auf die Takte 1-4 von Argerichs Einspielung und diskutiert, wie sich die Auftakte der Solo-Melodie auf die agogische Gestaltung der Phrasengrenzen auswirken. Senn, Olivier; Kilchenmann, Lorenz; Camp, Marc-Antoine (2009): "Expressive timing – Martha Argerich plays Chopin's Prelude op. 28/4 in E minor", in: Proceedings of the International Symposium on Performance Science 2009, hrsg. von Aaron Williamon, Ralph Buck und Sharman Pretty, Utrecht: AEC, 2009, S. 107-112. [http://www.performancescience.org/ISPS/Proceedings]