In der Übersicht
Nur geringe Veränderungen im Sourcing der Retailbanken
In der Sourcing-Strategie von Retailbanken gab es im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügige Veränderungen. Die Auslagerung von IT-Aufgaben bleibt dabei führend und der Outsourcinggrad in der IT ist sehr hoch. In der Wertschriftenverarbeitung und im Zahlungsverkehr sind die Auslagerungen auf hohem Niveau stabil geblieben. Mit Blick in die Zukunft beabsichtigen Banken den bestehenden Fremdbezug vor allem in der IT, dem Zahlungsverkehr oder der Wertschriftenverarbeitung weiter auszubauen.
Compliance Dienstleistungen – das unterschätzte Potenzial
In Bezug auf Compliance haben Banken weitestgehend identischen Vorschriften einzuhalten, was grundsätzlich eine gute Voraussetzung für ein Outsourcing ist. Naheliegend sind eine Entlastung der knappen, bankinternen Compliance-Fachkräfte etwa durch die Auslagerung des Regulatory Monitoring, von Musterverträgen und Musterweisungen oder von Aus- und Weiterbildung. Wie die aufgezeigten Fallbeispiele zeigen, können ganze Compliance-lastige Prozesse wie die Kundeneröffnung, systemunterstützt an Dritte ausgelagert werden. Aufgrund der fehlenden Differenzierung sowie dem Fachkräftemangel, erwarten die Autoren eine Zunahme des Outsourcings im Bereich Compliance.
Digitalisierung verlangt von Banken, ihre IT-Sourcing-Strategie zu überdenken
Bei der Beschaffung von IT-Anwendungen fällt der Entscheid zunehmend auf SaaS-Lösungen, die nicht mehr im eigenen Rechenzentrum installiert und betrieben, sondern aus einer Public Cloud bezogen werden. Dadurch wird vielfach die bisherige IT-Sourcing-Strategie, die auf einen, maximal zwei Betriebsprovider ausgerichtet war, über den Haufen geworfen. Aus einer Single-Sourcing- wird eine Multi-Sourcing-Strategie. Für die Banken bedeutet dies, dass sie sich einer stark zersplitterten Anwendungs- und Betriebslandschaft gegenübersehen, die mit einer deutlich höheren Komplexität verbunden ist, eine veränderte Governance mit sich bringt und das Management operationeller Risiken mit anspruchsvollen Problemstellungen konfrontiert.
Thesen und Ausblick
Sourcing, verstanden als bankübergreifende Zusammenarbeit und Auslagerung wesentlicher Funktionen an Dritte, wird nach Einschätzung der Autoren eine zunehmende strategische Bedeutung bekommen. Dafür sprechen insbesondere die folgenden drei Gründe:
- Es gibt immer noch ungenutztes Potenzial zur Optimierung der Wertschöpfungstiefe von Retailbanken.
- Die bankübergreifende Zusammenarbeit bietet Chancen für die Akquisition und den Vertrieb im digitalen Raum.
- Und schliesslich sind die Möglichkeiten, welche die Informatik bietet, um die Wertschöpfungsketten neu zu organisieren, bei weitem noch nicht ausgeschöpft.