Mathias Hausers Abschlussarbeit für den Master Kunst «The Sound is Acting» kann man sich auf zwei Arten nähern: ganz im Augenblick, im eigenen Erleben; oder theoretisch und sehr rational. Emotional geht es so: Wer die Peterskapelle in Luzern betritt, hört ein tiefes, sonores Brummen, zuweilen versetzt mit einem rhythmischen Klacken, wie das Ticken einer Uhr. Wer sich in den runden Kirchenraum begibt, merkt: Der Ton verändert sich je nach Standpunkt, aber auch durch die Bewegung selbst.
«Es ist in einem Moment beängstigend, beklemmend», sagt der 31-jährige Zürcher, «zwei Schritte weiter kann es rein und befreiend sein.» Man spürt den Ton körperlich, vom Kopf bis zu den Zehen. Ähnlich vielleicht wie man es von Popkonzerten kennt, wenn man sehr nahe an die Lautsprecherboxen steht. «An manchen Punkten im Raum zieht es dir auch den Boden unter den Füssen weg, du glaubst zu schweben.» Aber Hauser ist ehrlich genug, zu sagen: «Das Beklemmende dominiert.»
Wer das Phänomen verstehen will, muss dem Absolventen in die Tiefen der Akustiktheorie folgen. Er setzt Schallwellen in einer Länge ein, die genau jener der Kapelle entspricht. «Das kann dazu führen, dass die Schallwellen steckenbleiben», erklärt er, «dann schaukeln sie sich auf, werden sehr laut. Oder löschen sich mit anderen Wellen gegenseitig aus.» Für einen anderen Raum müsste er also andere, auf diesen Raum zugeschnittene sogenannte Amplituden einsetzen, um denselben Effekt zu erreichen. Hauser stellt klar: «Der Besucher braucht von der Theorie aber nichts zu wissen.»
Mit der Arbeit über Klang ist Hauser zu seinen Ursprüngen zurückgekehrt. Schon als Jugendlicher machte er Musik, noch heute spielt er in verschiedenen Formationen und gibt Gitarrenunterricht. Nach dem Bachelor in Kunst & Vermittlung arbeitete er bei SRF/tpc als Streaming-Operator, entwarf einen Kinderrundgang im Klangmaschinenmuseum in der Seidenfabrik Dürnten. Im Master-Studium Kunst war er fasziniert von der Malerei, arbeitete sich in Techniken ein, genoss es, wieder analog unterwegs zu sein und eine neue Technik zu erforschen.
Doch dann hatte Mathias Hauser das Gefühl, das Thema für sich ausgeschöpft zu haben, und kehrte in seiner Masterarbeit zu seinen Anfängen zurück, zur Auseinandersetzung mit dem Schall. «Mich interessieren besonders der Ursprung eines Klanges sowie dessen physikalische Eigenschaften. Hier verorte ich auch meine persönliche Schnittstelle von Klang und Kunst.» Ihn fasziniert, auf wie vielen Ebenen man Schallwellen einsetzen kann, sie seien ungeheuer stark: «Schallwellen können töten. Im Kalten Krieg hat man sogar versucht, sie als Waffen einzusetzen. Komponist Arvo Pärt meinte einst, wenn dich der Klang töten kann, dann sei vielleicht auch das Gegenteil möglich.»