Das Projekt «Mikrowohnen barrierefrei?» untersucht die Frage: Wie gross ist die kleinstmögliche barrierefreie Wohnung? «Mikrowohnen barrierefrei?» ist ein Kooperationsprojekt, das über Institutions-, Fach-, Disziplin- und Landesgrenzen hinausgeht, um den Hochschulrahmen zu verlassen und durch eine Ausstellung mit Podiumsdiskussion den Diskurs über Barrierefreiheit, Diversität und Flexibilität im Wohnungsbau anzuregen.
Steigende Immobilien- und Mietpreise, ein Anwachsen an Single-Haushalten und eine zunehmende Zahl älterer Menschen sind Faktoren, die von Architektinnen und Planern im Wohnungsbau neue Lösungsansätze fordern. Heute bedarf es bei der Entwicklung von Wohnraum sozialer, ökonomischer und ökologischer Innovationen. Die Sharing Economy mit ihrem gesellschaftlichen Trend hin zum Teilen – Car-Sharing, Co-Working, Co-Gardening usw. – führt im Wohnen zur Forderung nach intelligenten Lösungen für Co-Living.
Wie gross ist die kleinstmögliche barrierefreie Wohneinheit? Ziel des Seminars war es, Barrierefreiheit als selbstverständliche Bauaufgabe zu forcieren, eine Sensibilisierung der Studierenden und deren Bewusstseinsbildung für das Thema Barrierefreiheit zu erreichen und dabei gleichzeitig die Notwendigkeit von Diversität und Flexibilität von Bauaufgaben im Wohnungsbau hervorzuheben. Entstanden sind zehn sehr unterschiedliche Ansätze für ein berlintypisches Wohngebäude in Modellen und Bildern.
Der integrative Ansatz von Co-Living-Angeboten wurde von Studierenden der Architektur im Seminar von Modell+Design der Technischen Universität Berlin in Kooperation mit der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, dem CCTP der Hochschule Luzern – Technik & Architektur und dem Fachgebiet Bauökonomie der Technischen Universität Berlin untersucht.
Aufgrund der Qualität der Ergebnisse, wurde eine Ausstellung der Arbeiten initiiert, um den öffentlichen Diskurs über die Hochschulgrenzen hinaus anzuregen. Dazu wurde der kooperative, fachübergreifende Ansatz des Seminars fortgeführt: Die Auszubildenden der Tischlerei der Technischen Universität Berlin bauten eine von Studierenden im Seminar entwickelte barrierefreie Wohneinheit im Massstab 1:1. Diese, als «dreidimensionale Zeichnung» gestaltete Wohneinheit war Objektträger für alle Modelle und Pläne und selbst Ausstellungsexponat in der Ausstellung «Mikrowohnen Barrierefrei?».
Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung am 2. März 2020, fand ein Podiumsgespräch mit der Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Berlin, Vertretern der Immobilienwirtschaft, Prof. Dr. Peter Schwehr der Hochschule Luzern und Lehrenden der Technischen Universität Berlin statt.
Beurteilung durch das Preisgericht
Grossstädte boomen, Wohnraum wird knapp. Trotzdem wächst die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf in Deutschland immer weiter. Insbesondere für Menschen mit Behinderungen ist die Situation auf dem Wohnungsmarkt schwierig bis aussichtslos. Wie es auch anders gehen könnte, zeigen die Studierenden der TU Berlin in diesem Kooperationsprojekt nach Meinung des Preisgerichts auf besonders intelligente Art und Weise. Dabei werden zwei planerische Rahmenbedingungen, die sich auf den ersten Blick auszuschliessen scheinen – das Mikrowohnen und die Barrierefreiheit –, in diesem Projekt scheinbar mühelos miteinander vereint.
Angetan zeigt sich das Preisgericht davon, dass sich die Forschung auf Bestandsgebäude bezieht, die Reichweite dieser Studie dadurch um ein Vielfaches erhöht wird. Gelobt wird auch die praktische Umsetzung des Entwurfs im Massstab 1:1 sowie das Arbeiten in einer interdisziplinären Kooperation. Ein fachübergreifender Austausch zwischen den Studierenden erweitere den Horizont und sei die Grundlage für innovative Projekte.
«Diese Arbeit hat das Potenzial einen Mehrwert für die gesamte Baubranche zu liefern», sind sich die Preisrichter*innen sicher. «Die Kombination von Mikrowohnen und Barrierefreiheit ist zukunftsweisend, wir brauchen sie dringend.»