In der Übersicht
Das neue Kindes- und Erwachsenenschutzrecht soll die neuen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) zu fachlich kompetenten Entscheidungsträgern machen. Bisher waren die Vormundschaftsbehörden in der Deutschschweiz mehrheitlich kommunale politisch gewählte Miliz- und Laienbehörden, im Tessin waren es hingegen regionale Verwaltungsbehörden und in der Westschweiz überwiegend Friedens-, Bezirks- oder Kantonsgerichte. In der Fallbearbeitung führte dies vielfach zu einer Abhängigkeit der Behördenmitglieder von der Meinung Mitarbeitender externer Fachstellen, so dass es zu einer Hierarchieumkehr gekommen ist. Nach Art. 440 ZGB sind die KESB nun spezialisierte mit mind. drei Mitgliedern interdisziplinär zusammengesetzte Fachbehörden (autorité interdisciplinaire), in denen mehrheitlich die Disziplinen Soziale Arbeit, Recht und Pädagogik/Psychologie vertreten sind. Die Einführung der KESB hat somit zu einer Professionalisierung der Behörden im Sinne der Besetzung mit Fachpersonen sowie zu einer Institutionalisierung der interdisziplinären Zusammenarbeit in Kindes- und Erwachsenenschutzfällen geführt. Die neuen Strukturen garantieren aber nicht automatisch eine Hierarchieumkehr oder dass die Zusammenarbeit der Behördenmitglieder gelingt und fundierte Entscheidungen getroffen werden. Hierfür müssen bestimmte Bedingungen gegeben sein. Dies bestätigen auch die Ergebnisse der vorliegenden Studie, in der zum einen bereits bekannte Bedingungen für eine gelingende (interdisziplinäre) Zusammenarbeit und wohlüberlegte Entscheidungen bestätigt, erweitert und in Bezug auf die KESB spezifiziert werden konnten; zum anderen konnte gezeigt werden, dass auch in professionalisierten Behörden das entscheidrelevante Wissen bei den Mitarbeitenden der unterstützenden Dienste liegen kann. Auf Grundlage der Ergebnisse wurde ein allgemeines Rahmenmodell zur Entscheidungsfindung und interdisziplinären Zusammenarbeit in KESB entwickelt.