In der Übersicht
Der Bereich der Sozialhilfe, der letztlich eine Form des grundlegenden Rechts auf Existenzsicherung darstellt, berührt Fragen der Grund- und Menschenrechte in besonderer Weise. Die Sozialtätigen auf allen Ebenen sind hier vor Entscheidungen gestellt, die mit sensibel zu handhabenden Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte verbunden sind. Damit erwachsen den Akteuren rechtliche und ethische Fragen, die in der Praxis nur schwer aufzulösen sind. So kommen z.B. Machtgefälle zwischen Sozialarbeiter/innen und Sozialbehörden gegenüber den Klientinnen und Klienten zum Tragen, die es kritisch zu reflektieren gilt - nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der missbräuchliche Umgang mit Macht ein Tabuthema ist. Auch das Gebot der rechtsgleichen Behandlung wird, so die Ergebnisse der Vorstudie zum wesentlichen Problemfeld. Sind nicht in Situationen, in denen die Unterstützungsbeiträge gekürzt oder verweigert werden, Grundrechte unmittelbar tangiert? Dürfen Leistungen der Sozialhilfe an Bedingungen geknüpft werden? Inwiefern berührt dies das Recht auf Selbstbestimmung der Klientinnen und Klienten? Welchen Spielraum haben Sozialarbeiter/innen? Stehen Individualisierung und Standardisierung bei der Zahlung von Sozialhilfe im Widerspruch zueinander und wo kommt es dadurch zu Ungleichbehandlung und Diskriminierung?
Der zentrale Fokus dieser Hauptstudie richtet sich vor diesem Hintergrund auf die Frage, wie sich Menschen- und Grundrechte einerseits, und die gesetzlichen Standards sowie die reale Praxis in der Sozialhilfe andererseits, zueinander verhalten. Wie gelingt es den Akteuren, eine Balance zu finden zwischen Persönlichkeitsrechten, dem Grundrecht auf Existenzsicherung, dem Diskriminierungsverbot etc. und den Entscheidungen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zur Sozialhilfe? Was hemmt sie? Was ist förderlich? Welche Dilemmata zeigen sich in der Praxis der Sozialhilfe und welche ethischen sowie grund- und menschenrechtlichen Fragen stellen sich? Welche Antworten liefern die Rechtssprechung sowie die Lehrmeinung und die Soziale Arbeit?
Die Potenziale von Grund- und Menschenrechten für die Sozialhilfe zu Grunde gelegt, ist zudem zu fragen: Inwieweit bieten die Menschenrechte ein Instrumentarium, das Fachpersonen in schwierigen Entscheidungssituationen ethische Begründungen, Orientierungshilfen und Legitimationen liefert. Und wie lässt sich eine solche menschenrechtsspezifische Herangehens- und Handlungsweise im Sozialwesen verankern? Diese Hauptstudie versucht Antworten auf all diese Fragen zu finden.